Eine Diktatur ist die falsche Medizin

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COVID-19 in China
China hat die Ausbreitung des Coronavirus COVID-19 eingedämmt, lobt die Weltgesundheitsorganisation. Doch es ist falsch, deshalb drakonische Maßnahmen wie die totale Abriegelung der Metropolregion Wuhan als beispielhaft darzustellen.

Eine Mission der Weltgesundheitsorganisation WHO hat Ende Februar nach einem Besuch in fünf Metropolen Chinas festgestellt: Die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro Tag ist in dem Land im Laufe des Februar von einigen Tausend auf einige Hundert gesunken. Der kanadische Leiter der Delegation, der Epidemiologe Bruce Aylward, hat das als großen Erfolg bezeichnet und gesagt, der Rest der Welt solle davon lernen.

Da blendet er wichtige Teile der Wahrheit aus. Chinas Regime kann Krankenhäuser aus dem Boden stampfen und kollektive Verhaltensänderungen erzwingen. Doch als die Epidemie noch zu stoppen war, hat es Warnungen von Li Wenliang und anderen Medizinern aus Wuhan vor dem Virus ignoriert und zensiert. Das ist systembedingt. Die Zentrale der Kommunistischen Partei macht lokalen Kadern Vorgaben und bestraft Versagen. Wer Karriere machen will, setzt deshalb auch zweifelhafte Vorgaben um und schönt die Ergebnisse. Das bewirkt im Verein mit der Unterdrückung abweichender Ansichten, dass Fehlentwicklungen ignoriert werden und die Staatsführung selbst nicht immer die wahre Lage kennt.

Die Epidemie kann leicht wieder aufflammen

Als eine Art Frühwarnsystem duldete sie daher lange, dass Bürgergruppen und Medien in gewissen Grenzen Missstände wie Umweltprobleme ansprachen. Präsident Xi Jinping hat diesen Spielraum wieder stark eingeschränkt. Eine Folge ist das Versagen zu Beginn der Epidemie. Als Li Wenliang Anfang Februar selbst an COVID-19 starb, überflutete der Unmut darüber für kurze Zeit Chinas soziale Medien. Dann hat Peking die Propaganda und die Zensur verstärkt und die Kontrolle des privaten Verhaltens mittels Smartphone-Daten noch ausgeweitet, um das Virus aufzuhalten.

Kurz: Die drastischen Schritte gegen Corona bedeuten mehr Repression. Doch ihr Erfolg ist genau besehen fraglich. Chinas Statistiken sind wenig verlässlich, auch die zu COVID-19. So weiß man nicht, ob Menschen in Umerziehungslagern infiziert sind, in die allein rund eine Million Uiguren gesperrt sind. Und manche Virologen warnen, dass Peking zwar die Zahl der Infizierten schnell und stark gesenkt hat, damit aber die Epidemie nicht vorbei ist. Sie kann leicht wieder aufflammen, solange kein ausreichend großer Teil der Bevölkerung immun ist. Der demokratische Weg, dass Regierungen Schritte gegen das Virus öffentlich abwägen und zugeben, dass sie die Epidemie nur verlangsamen und nicht verhindern können, ist in jeder Hinsicht besser.

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