Dem Gold auf der Spur

Schweiz
Als wichtige Drehscheibe im weltweiten Goldhandel will die Schweiz mehr Transparenz über die Herkunft des Edelmetalls schaffen. Doch was bringt die neu eingeführte Deklarationspflicht?

Im Zweiten Weltkrieg ist die Schweiz zum wichtigsten Goldhandelsplatz Europas geworden. Schweizer Banken kauften nationalsozialistisches Raubgold und verkauften es veredelt weiter. In den 1980er Jahren konnte das Apartheidregime in Südafrika dank des An- und Verkaufs von südafrikanischem Gold durch Schweizer Banken Sanktionen umgehen. Dem Goldhandel haftet bis heute ein schlechter Ruf an: wegen Kinderarbeit, menschenrechtswidrigen Arbeitsbedingungen in Minen und Handel mit „Blutgold“ aus Konfliktgebieten. Die vier großen Schweizer Raffinerien verarbeiten 50 bis 70 Prozent der weltweiten Goldproduktion. 

Für mehr Transparenz über die Herkunft von importiertem Gold soll nun eine im Januar in der Schweiz eingeführte Deklarationspflicht sorgen. Importeure müssen bei der Einfuhr angeben, ob es sich um Bankengold (raffiniert), Minengold oder recyceltes Gold handelt. Die Weltzollorganisation (WZO) hat zurzeit nur einen einzigen Code für die verschiedenen Rohgoldarten. Im September hat die Schweiz deshalb einen Vorschlag bei der WZO eingereicht, die internationale Goldklassifizierung entsprechend anzupassen. Die neue Deklarationspflicht der Schweiz solle ab 2027 weltweit gelten; die WZO-Mitglieder müssen dem Vorschlag noch zustimmen.

Bessere Rückverfolgbarkeit des Goldes

Die Deklarationspflicht hat zum Ziel, die Transparenz und Rückverfolgbarkeit des Goldes im internationalen Handel zu verbessern. Damit könne besser ausgewiesen werden, wie viel Gold aus potenziell ökologisch oder sozial heiklen Herkunftsgebieten stammt, sagte Thomas Brodmann, Chef der Sparte Edelmetallkontrolle bei der Eidgenössischen Zollverwaltung, im Schweizer Radio SRF. Bei eingeschmolzenem Gold müssten sich die Kontrolleure allerdings auf die Deklarationen der zertifizierten Schmelzer verlassen. Goldprüfer könnten zwar stichprobenartige Kontrollen durchführen, doch Verstöße würden nur mit einer Geldbuße von 2000 Franken bestraft, weil die Missachtung von Sorgfaltspflichten kein Straftatbestand sei, sagte Brodmann. 

Für Marc Ummel, Rohstoffexperte bei Swissaid, ist die neue Deklarationspflicht ein erster Schritt zu mehr Transparenz, da sie mehr Informationen und Daten über die Goldeinfuhr bringe. Sie sei aber ungenügend, da sie die Rückverfolgbarkeit nicht verbessere, die der Kern des Problems sei. Eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie von Swissaid habe gezeigt, wie Gold aus einer Mine in einem anderen Land „etwas verfeinert“ werden kann, um es dann als Bankengold in die Schweiz zu importieren, sagt Ummel. Als Beispiel nennt er die Vereinigten Arabischen Emirate: Von den insgesamt 149 Tonnen Gold im Wert von 6,8 Milliarden Franken, die die Schweiz 2019 importiert hat, stammten wertmäßig am meisten von dort. Die VAE haben jedoch gar keine Goldminen. Laut der Studie stammt ein Teil des in die Schweiz ausgeführten Edelmetalls aus afrikanischen Minen und dem Souk von Dubai, der als Drehscheibe für Konfliktgold bekannt ist. In der VAE werde es raffiniert und als Bankengold oder recyceltes Gold exportiert. 

„Die neue Deklarationspflicht wird dieses Problem nicht lösen“, sagt Ummel. Die Schweiz sollte deshalb die gesetzliche Definition des Herkunftslandes ändern und Importeure verpflichten, das Land anzugeben, in dem das Gold abgebaut, raffiniert und versendet wurde. Zudem sollte sie die Namen von Goldlieferanten aus heiklen Gebieten, wie beispielsweise der Demokratischen Republik Kongo, veröffentlichen, sagt Ummel. Seiner Ansicht nach erklärt sich die ablehnende Haltung gegenüber einer vollständigen Transparenz „nur dadurch, dass die Akteure genau wissen, dass immer noch schmutziges Gold in die Schweiz importiert wird“.

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