Schlimmer als Trump

Großbritannien
Die britische Regierung will im kommenden Jahr deutlich weniger Geld für die Entwicklungshilfe ausgeben. Das zerstört die einst ehrwürdige Entwicklungspolitik des Landes, meint Tillmann Elliesen.

Tillmann Elliesen ist Redakteur bei welt-sichten.
Von „Great Britain“ zu „Global Britain”: So lautete das außenpolitische Versprechen der britischen Regierung vor gut vier Jahren, nachdem das Volk auf der Insel knapp für einen Austritt aus der Europäischen Union gestimmt hatte. Das Königreich werde sich nicht hinter die eigenen Burgmauern zurückziehen, sondern auch nach dem Brexit dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Davon ist nicht viel geblieben: Während Premierminister Boris Johnson derzeit erklären muss, wie er die teuren Möbel seiner Wohnung in der Downing Street bezahlt hat, verkündet sein Außenminister Dominic Raab ein Sparprogramm, das die britische Entwicklungspolitik ins Chaos stürzt.

UN-Bevölkerungsfonds besonders betroffen

Bereits im vergangenen November hatte Raab erklärt, wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise müssten die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Haushaltsjahr 2021/2022 deutlich gekürzt werden: von rund 14 Milliarden Pfund im Jahr 2020 auf nur noch etwa 10 Milliarden. Großbritannien war viele Jahre eines der wenigen Länder, die das Ziel erreichten, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Entwicklungsarbeit bereitzustellen. In diesem Jahr wird es das erstmals seit 2013 nicht schaffen: Die Quote wird auf 0,5 Prozent fallen.

Von den Kürzungen besonders betroffen ist etwa der UN-Bevölkerungsfonds UNFPA, der 85 Prozent weniger kriegen soll als angekündigt. Mary Stopes International, eine der größten Hilfsorganisationen im Bereich Familienplanung, hat erklärt, die Folgen dieser Mittelkürzung für die Gesundheit von werdenden Mütter in armen Ländern würden vermutlich schlimmer sein als die der Politik von US-Präsident Donald Trump; der hatte kurz nach seinem Amtsantritt die US-Hilfe für Familienplanung weltweit drastisch reduziert. Großbritannien zählte damals noch zu jenen Ländern, die versuchten, das mit höheren Zusagen auszugleichen.

Kürzungen ohne Konzept

Fachleute und Hilfsorganisationen sind nicht nur wegen der heftigen Einschnitte frustriert, sondern auch deshalb, weil die Erklärungen von Außenminister Raab, wo gespart werden soll, offenbar jegliches Konzept vermissen lassen. Demnach scheinen die Kürzungen völlig willkürlich und ohne Plan, worin die Schwerpunkte britischer Entwicklungspolitik künftig bestehen sollen. So wurden die Mittel für Konfliktbearbeitung und für die Stärkung der Zivilgesellschaft im Vergleich zu 2019 um satte 68 Prozent zusammengestrichen, obwohl dieser Bereich stets ein Aushängeschild der Briten war.

Was mit der Auflösung des britischen Entwicklungsministeriums DfID vor einem Jahr begonnen hat, setzt sich nun fort: Die Mannschaft von Boris Johnson zerhackt die einst ehrwürdige Marke „UK Aid“ bis zur Unkenntlichkeit. Bleibt zu hoffen, dass die Briten sich bei der nächsten Wahl für eine weniger bornierte Regierung entscheiden, die das rückgängig macht.

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