Kirchen fordern verbindliche Kriterien für Rüstungsexporte

Juergen Blume
Friedensaktivisten demonstrierten im vergangenen Jahr in Berlin gegen Waffenhandel und für ein Rüstungsexportkontrollgesetz. Die Kunstaktion wurde organisiert von der Bewegung Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel.
Waffenlieferungen
Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) hat der neuen Bundesregierung Anregungen für ein neues Gesetz zur Kontrolle von Rüstungsexporten auf den Weg gegeben.

Dass der Koalitionsvertrag ein solches Gesetz in Aussicht stelle, sei für die GKKE kein Anlass, sich zurückzulehnen, sagte der evangelische Vorsitzende, Martin Dutzmann, bei der Vorlage des jährlichen Berichts der GKKE-Fachgruppe zu Rüstungsexporten im Dezember in Berlin. Während die GKKE für 2020 einen leichten Rückgang der Exporte von Rüstungsgütern zum Vorjahr festgestellt hatte, folgte zum Jahreswechsel die Meldung, dass die Regierung aus Union und SPD bis Ende 2021 einen neuen Höchstwert an Exporten genehmigt hat: gut neun Milliarden Euro. Der größte Teil entfällt auf einen Großauftrag Ägyptens für Fregatten und Luftabwehrsysteme. Das autoritär geführte Land beteiligt sich an der von Saudi-Arabien geführten Allianz im Jemen-Krieg.

Der Deal mit Kairo bestätigt das Muster, dass Rüstungsgeschäfte mit Ländern, die nicht zur EU oder der NATO gehören, zur Regel geworden sind. Auf diese Länder sind laut GKKE 2020 die Hälfte der Exportgenehmigungen entfallen. Das sei „besorgniserregend“, sagte die Vorsitzende der Fachgruppe, Simone Wisotzki von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Die GKKE fordere die Bundesregierung auf, Ausfuhren an Drittstaaten zu stoppen, außer sie könne das plausibel außen- und sicherheitspolitisch begründen.

Vor-Ort-Kontrolle des Endverbleibs stärker regulieren

Der GKKE-Bericht nennt eine Reihe von Eckpunkten für ein mögliches neues Rüstungsexportkontrollgesetz. So sollten statt der bisherigen „Politischen Grundsätze“ verbindliche und überprüfbare Kriterien für Exportgenehmigungen gelten. Im Außenwirtschaftsgesetz und im Kriegswaffenkontrollgesetz seien solche Kriterien nur bruchstückhaft enthalten. Der „Gemeinsame Standpunkt der EU“ zu Rüstungsexporten von 1999 könnte in einem Gesetz rechtsverbindlich gemacht und Ausfuhren an Empfänger verboten werden, bei denen schwerwiegende Verstöße gegen Menschenrechte oder das humanitäre Völkerrecht festgestellt wurden oder die den internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty, ATT) nicht ratifiziert haben. Die Kriterien sollten zudem für sämtliche Rüstungsgüter gelten, also auch für Bauteile von Waffen. 

Die GKKE fordert außerdem, den Erwerb oder die Gründung von Rüstungsunternehmen im Ausland stärker zu kontrollieren und Möglichkeiten zu schaffen, das zu untersagen. Ob Regelungen und Verfahren eines möglichen neuen Gesetzes eingehalten werden, soll schließlich auf dem Weg von Verbandsklagen zivilgesellschaftlicher Organisationen gerichtlich überprüfbar werden. Und die Vor-Ort-Kontrolle des Endverbleibs exportierter Waffen solle auf alle Importländer und Rüstungsgüter ausgeweitet werden. Nur so könne die unerlaubte Weitergabe sanktioniert werden.

Kirchen fordern Begründungspflicht für Exportgenehmigungen

Grundsätzlich fordert die GKKE eine Begründungspflicht für Exportgenehmigungen – etwa den Schutz der öffentlichen Sicherheit oder auswärtiger Interessen. Es reiche nicht mehr, die angebliche Unbedenklichkeit zu behaupten. Die GKKE empfiehlt, die Entscheidungskompetenz vom Wirtschaftsressort ins Auswärtige Amt zu verlagern. Die Hoffnung dabei sei, so Dutzmann, dass Entscheidungen unter außen-, sicherheits-, entwicklungs- und friedenspolitischen Gesichtspunkten getroffen würden – und weniger aus wirtschaftspolitischen Beweggründen. 

Mit Blick auf Europa mahnte der katholische GKKE-Vorsitzende Karl Jüsten zu mehr Augenmerk auf die im Mai 2021 geschaffene Europäische Friedensfazilität, die die Fähigkeiten der Europäischen Union zur Krisenintervention und Konfliktbearbeitung steigern soll. Sie ermögliche es, außereuropäische Streit- und Sicherheitskräfte etwa in Afrika auszustatten und zu finanzieren, also etwa militärische Ausrüstung oder Infrastruktur zu bezahlen. Unerlässlich sei außerdem, den Export von bewaffneten oder bewaffnungsfähigen Drohnen und deren Technologie an Länder außerhalb der EU stärker zu kontrollieren. 

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erschienen in Ausgabe 2 / 2022: Riskante Geschäfte mit der Chemie
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