Kampf um die Spender


Mit der vorweihnachtlichen Spendenaktion„Jeder Rappen zählt“(JRZ) macht das gebührenfinanzierte Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) seit drei Jahren dem „Weihnachtsgeschäft“ der Hilfswerke Konkurrenz. Diese reagieren mit Kritik.
„Jeder Rappen zählt“ ist ein mediales Wohltätigkeitsspektakel: Eine Woche lang animieren SRFModeratoren– unterstützt von Schweizer Prominenten – das Radio-und Fernsehpublikum rund um die Uhr zum Spendensammeln. Das Geld kommt ausgewählten Organisationen und Projekten zugute. Im vergangenen Dezember stand JRZ unter dem Motto „Für Mütter in Not“ und brachte über sechs Millionen Franken ein. Nicht zuletzt der finanzielle Erfolg hat Kritiker auf den Plan gerufen.

Zahlreiche Organisationen, die nichts von JRZ abkriegen, sorgen sich um ihre Einnahmen. „Für die meisten Hilfswerke ist genau diese Periode die wichtigste Zeit des Jahres“, sagt Roger Tinner, Geschäftsführer des Schweizerischen Berufsverbandes für Fundraising-Fachleute. Der Fundraiser-Verband schrieb deshalb einen Brief an die JRZ-Macher und forderte unter anderem, dass die Aktion in einem anderen Monat stattfinden soll. Andere NGO-Vertreter äußerten in Medienberichten Kritik.

Autorin

Anja Burri

ist Redakteurin bei der Schweizerischen Depeschenagentur sda und ständige Korrespondentin von "welt-sichten".

Die Verunsicherung sei für sie teilweise nachvollziehbar, sagt Sibylle Spengler vom Hilfswerk Brot für alle: „Das Schweizer Radio und Fernsehen erreicht mit einem Paukenschlag so viel Aufmerksamkeit, wie sie ein Hilfswerk auch unter größten Anstrengungen nie erhält.“ Allerdings lässt sich mit Zahlen nicht belegen, dass die Aktion JRZ den anderen Hilfswerken beim Spendensammeln das Wasser abgräbt. Nach Schätzungen der Stiftung Zewo sind in der Schweiz 2010 rund 1,6 Milliarden Franken gespendet worden. Das sind 7,4 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch die Vertreter von Brot für alle sowie von Fastenopfer hoffen auf neue Spender – nicht trotz, sondern gerade dank JRZ, denn die Aktion erreiche auch ein junges Publikum. „Es ist jedoch sehr fraglich, ob es gelingt, diese Spender und Spenderinnen dauerhaft an die Hilfswerke zu binden“, sagt Matthias Dörnenburg von Fastenopfer.

NGOs kritisieren die Wahl der Themen für die Spendenaktion

NGO-Vertreter kritisieren zudem die Wahl der ihrer Meinung nach zu populären Themen, für die JRZ Spenden sammelt. 2009 kam das Geld Projekten für die Malaria-Bekämpfung zugute, 2010 Kindern im Krieg und 2011 Müttern in Not. Für Matthias Dörnenburg folgt die Themensetzung von JRZ der Logik eines „Marketing-Tools“,das auf Persönlichkeiten und schnelle Emotionen setze. „Ein so komplexes Thema wie beispielsweise die Rohstoffe und deren Bedeutung für die Entwicklungsländer würde es wohl nie zum JRZMotto bringen.“

Die Macher von JRZ stehen in Kontakt mit den Kritikern, wie SRF-Sprecher Martin Reichlin sagt. Die Themenwahl wie auch der Zeitpunkt können aber nicht einfach so geändert werden: JRZ ist nämlich die Schweizer Version der internationalen Aktion „Serious Request“, die in fünf Ländern mehr oder weniger gleichzeitig zum gleichen Thema stattfindet. Das Spendenmotto wird aus einer Themenliste gewählt, die das Rote Kreuz vorbereitet. In der Schweiz arbeitet JRZ bei der Verteilung der Spendengelder eng mit der Glückskette zusammen, einer spendensammelnden Stiftung, der 31 Hilfswerke angeschlossen sind.

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