„Diese Wahl wird eine Farce“

Deodatus Mfugale
„Wir wissen, wer gewinnen wird. Was gerade geschieht, ist reine Formsache", meint der Händler Emmanuel Ndonjile.
Was tut sich in... Tansania?
In dem ostafrikanischen Land Tansania stehen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an. Die amtierende Präsidentin Samia Hassan ist in der Bevölkerung nicht beliebt, ihr bekanntester Gegner sitzt hinter Gittern.

Am 29. Oktober wird in Tansania gewählt: die Präsidentin (oder der Präsident), aber auch Parlamentsabgeordnete und regionale Amtsträger. Obwohl auf dem tansanischen Festland 18 und auf der Insel Sansibar 11 Parteien antreten, fürchten viele Menschen, dass die Wahlen weder frei noch fair verlaufen werden. So sitzt der Vorsitzende der wichtigsten Oppositionspartei CHADEMA, Tundu Antipas Lissu, seit sieben Monaten wegen Verdachts auf Aufruhr und Hochverrat hinter Gittern. renn sein Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof Tansanias bis zur Wahl nicht zu seinen Gunsten abgeschlossen ist, darf er nicht antreten. 

Seine Partei gibt als größte Oppositionspartei dem Slogan „Keine Reformen, keine Wahlen“ aus, weil die gültigen Gesetze und Vorschriften ohnehin die Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (Partei der Revolution, CCM) von Präsidentin Samia Hassan begünstigten. Doch die Parteientscheidung zum Wahlboykott hat viele ihrer Mitglieder vor den Kopf gestoßen – einige sind zu anderen Parteien übergelaufen, unter deren Dach sie bei den kommenden Wahlen um verschiedene Ämter kandidieren können. 

Umstrittener Wahlboykott

Die größte Oppositionspartei befindet sich in Aufruhr: „Diese Wahl wird eine Farce, und die einfachen Tansanier haben das Vertrauen in die Regierung verloren”, sagt Emmanuel Ndonjile, ein kleiner Händler im Vorort Mkundi am Rande der Stadt Morogoro. Er findet den Wahlkampf zu den diesjährigen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen wegen der schwachen Opposition deutlich weniger spannend als bei früheren Wahlen. „Wir wissen, wer gewinnen wird. Was gerade geschieht, ist reine Formsache.“ Deshalb gebe es wenig Hoffnung, dass sich das Leben der einfachen Tansanier verbessern werde. 

Die jetzige Präsidentin Samia Hassan oder auch „Mama Samia“ ist 2021 in ihr Amt gelangt, als Präsident John Pombe Magufuli, dessen Stellvertreterin sie war, während der Corona-Pandemie plötzlich starb. Beliebt ist sie in der Bevölkerung kaum.

Bestechung und Überwachung 

Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes stellt die Unabhängige Nationale Wahlkommission (INEC) jedem Präsidentschaftskandidaten einen Toyota Land Cruiser zur Verfügung, damit sie viele Orte besuchen können – wer nicht gewinnt, muss das  Fahrzeug nach der Wahlkampagne zurückgeben. Bisher konnte sich kaum eine Partei ein solches Transportmittel für ihre Kandidaten leisten. Viele Menschen glauben nun, dass das Angebot der INEC in Wirklichkeit eine Art Bestechung ist, um die Kandidaten zu beschwichtigen, so dass sie nur eine schwache Opposition bilden. 

Kurz vorm Auftakt der Wahlkampagne hat überdies mit dem ehemaligen Botschafter Tansanias in Kuba, Humphrey Polepole, ein hochrangiges Ex-Mitglied der CCM enthüllt, dass die Regierungspartei elektronisch die INEC und die Nationale Identifikationsbehörde, die Ausweise ausstellt, überwachen kann – und die CCM in die Lage versetzt, die Ergebnisse zu manipulieren. „Warum sollten diese Ämter sonst während der Wahlen miteinander verbunden sein?“, fragt John Chipenya, ein Einwohner von Mbeya in der südlichen Hochlandregion Tansanias.  „Das ist ein klares Indiz dafür, dass die Wahl manipuliert wird.“ 

Viele befürchten, dass die neue Regierung die Interessen der Reichen und nicht die der einfachen Tansanier berücksichtigen wird. So war es auch, bevor der verstorbene Präsident Magufuli an die Macht kam, der bei den Armen und Menschen mit niedrigem Einkommen sehr beliebt war. „Mit der aktuellen CCM-Regierung, die wahrscheinlich nach den Wahlen an der Macht bleiben wird, werden die Armen weiterhin leiden“, sagt Ndojile.

Aus dem Englischen von Barbara Erbe.

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