Den falschen Job

Bundeskanzlerin Angela Merkel reist um die Welt und bietet deutsche und europäische Waffen feil. Anstatt für Zurückhaltung bei Rüstungsexporten zu plädieren, wie es einem Entwicklungsminister gut anstünde, pflichtet Dirk Niebel der Kanzlerin bei und rechtfertigt die geplanten Deals – mit absurden Argumenten.

Das Bild hat etwas makaberes: Während sich am Horn von Afrika eine dramatische Hungersnot zusammenbraut, versucht Bundeskanzlerin Angela Merkel am anderen Ende des Kontinents der Regierung von Angola Kriegsschiffe aus deutscher Produktion anzudrehen. So geschehen Mitte Juli auf Merkels Afrikareise – und noch während einer hitzigen Debatte in Berlin über die Lieferung von Leopard-Panzern an Saudi-Arabien. Im Mai wiederum hatte die Kanzlerin in Indien die Werbetrommel für Kampfflugzeuge „made in Europe“ gerührt.

Autor

Tillmann Elliesen

ist Redakteur bei "welt-sichten".

Patrouillenboote, Kampfpanzer und Düsenjäger: Beim Verkaufen von Kriegsgerät ist Merkel nicht weniger zimperlich als ihre Vorgänger – mag der Kunde auch noch so korrupt sein (Angola), im gefährlichen Dauerkonflikt mit seinem Nachbarn liegen (Indien) oder eben erst Demonstranten für mehr Demokratie niedergeschossen haben (Saudi-Arabien). Über derlei Geschäfte entscheidet der Bundessicherheitsrat, dem mehrere Ministerien angehören. Als die rot-grüne Bundesregierung 1998 das Entwicklungsministerium neu in das Gremium aufnahm, kam die Hoffnung auf, das werde Rüstungsexporte erschweren. Die Hoffnung trog, die damalige Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul wurde regelmäßig überstimmt.

Immerhin wollte sie die Ausfuhren beschränken – anders als offenbar ihr Nachfolger Dirk Niebel. Der hat unlängst in einem Zeitungsinterview die Angebote an Saudi-Arabien und Angola verteidigt. Sein Hinweis, Patrouillenboote seien schwer gegen Demonstranten einzusetzen, lässt sich noch als für ihn typische Frotzelei abtun. Aber sein Argument, auch während des Ost-West-Konflikts habe die militärische Abschreckung doch dazu beigetragen, den Krieg zu verhindern, ist haarsträubend. Niebel ignoriert, dass diese Abschreckung – sprich: eine irrsinnige Bewaffnung, mit der sich beide Supermächte mehrmals hätten vernichten können – den Konflikt zusätzlich angeheizt und nicht etwa entschärft hat. Und von den vielen heißen Stellvertreterkriegen in Afrika, Asien und Lateinamerika, die anstelle des großen kalten Krieges geführt wurden, hat der Minister offenbar auch noch nichts gehört.

Dirk Niebel als Apologet von Rüstungswettläufen und als Stichwortgeber der Waffenindustrie – der FDP-Mann hat einmal mehr bewiesen, dass er den falschen Job hat.

 

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erschienen in Ausgabe 8 / 2011: Die Jagd nach dem dicksten Fisch
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