(3.03.2014) Die Deutschen geben im Jahr durchschnittlich rund 510 Euro für Arzneimittel aus, die Inder gerade einmal neun Euro. Das heißt nicht, dass in den reichen Ländern das Geld sinnvoll investiert ist: Die Ärztin Christiane Fischer erklärt im Interview mit „welt-sichten“, mit welchen Tricks die Pharmaindustrie überteuerte und fragwürdige Medikamente vermarktet.
Dabei sind die Mittel meist sehr subtil, offene Korruption ist eher die Ausnahme. Stattdessen komme die Werbung unter dem Deckmantel der Information daher. „Die von der Industrie gesponserten Fortbildungsveranstaltungen dienen vor allem der Werbung für bestimmte Medikamente“, sagt Fischer, die 2007 den Verein „Mein Essen zahl ich selbst“ (MEZIS) gegen Korruption im Gesundheitswesen mitgegründet hat. Sie kritisiert, dass sich viele Ärzte von den Pharmafirmen Übernachtungen und Reisekosten bezahlen lassen – und Ärztekammern für diese Werbeveranstaltungen Fortbildungspunkte vergeben.
Der Name des Medikaments soll sich im Hirn des Arztes einbrennen
Das Verteilen kostenloser Proben an Praxisärzte sei eine weitere Strategie, um neue, scheinbar innovative Produkte zu vermarkten. Untersuchungen belegten, dass Ärzte, die solche Muster annehmen und weitergeben, ihren Patienten wesentlich teurere Medikamente verordneten als ihre Kollegen, die das nicht tun. „Den Pharmafirmen geht es vor allem darum, dass sich der Name des Medikaments im Hirn des Arztes einbrennt.“
In Entwicklungsländern wie Indien laufe vieles ähnlich ab, berichtet Fischer: „Eine Sache aber ist dort besser: In Deutschland ist an den Endverbraucher gerichtete Werbung für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel erlaubt, in Indien nicht.“ Dort werde selbst für rezeptfreie Medikamente nur unter Fachgruppen und Apothekern geworben.
Allerdings seien in Indien Apotheker häufig nicht als solche ausgebildet, sondern einfach Verkäufer, bei denen die Pharmaunternehmen Schlange stehen. Fischer kritisiert die immensen Werbeausgaben der Pharmaindustrie: Rund 20 Milliarden Euro sind es allein in Deutschland, doppelt so viel wie für Investitionen in Forschung und Entwicklung. (sdr)
Das vollständige Interview mit Christiane Fischer lesen Sie hier.
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