Hauptsache Gewinn?

Opposition und Hilfswerke üben Kritik an Agrarfonds des BMZ
Opposition und Hilfswerke üben Kritik an Agrarfonds des BMZ

(25.2.2013) Armut bekämpfen und gleichzeitig rentabel sein - diesen Anspruch hat der Africa Agriculture and Trade Investment Fund (AATIF). Vor gut einem Jahr wurde der Fonds von der KfW Entwicklungsbank im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gegründet, als Fondsmanager fungiert die Deutsche Bank. Das BMZ ist mit 45 Millionen Euro der größte Anteilseigner des AATIF, KfW und Deutsche Bank haben jeweils 20 Millionen Euro beigetragen. Das BMZ hat zusätzlich 9,25 Millionen Euro für „Begleitmaßnahmen“ angegeben.

Ein erstes direktes Investment wurde im Oktober 2011 getätigt – ein Darlehen von zehn Millionen Dollar (umgerechnet etwa 7,3 Millionen Euro) für eine Getreidefarm in Sambia. Dabei handelt es sich um eine Großfarm in Mkushi in der sambischen Zentralprovinz, betrieben von der Chobe Agrivision Company. Das Unternehmen baut nach eigener Aussage auf 10.000 Hektar Weizen, Mais und Soja an. Lokale Medien wie die Zeitung Post Newspapers nennen einen angestrebten jährlichen Ertrag von 120.000 Tonnen Getreide. Die KfW gibt an, das Investment in Sambia trage dazu bei, „die regionale Nahrungsmittelsicherheit (…) nachdrücklich zu verbessern“. Bei näherer Betrachtung entstehen allerdings Zweifel, ob das Projekt dieses Ziel erreichen kann:

Unter dem Namen Chobe Agrivision führt der britische Investmentfonds Chayton seine Geschäfte in Afrika. Chayton wiederum, gegründet unter anderen von dem ehemaligen Goldman-Sachs-Manager Neil Crowder, gehört zur Investmentgesellschaft PSG Group – ein in Südafrika gelistetes Börsenunternehmen mit einem Marktwert von mehr als 60 Milliarden Rand (gut fünf Milliarden Euro). PSG-Chef Jannie Mouton rangiert mit einem Privatvermögen von 415 Millionen US-Dollar auf Platz 38 der Forbes-Liste der reichsten Menschen weltweit. Die Hilfsorganisationen Terre des hommes und Deutsche Welthungerhilfe zitieren in ihrem Bericht „Die Wirklichkeit der Entwicklungspolitik 2012“: Hauptmotiv der PSG Group sei es, „alte landwirtschaftliche Kooperativen in Unternehmen“ umzuwandeln – mit Gewinnstreben als oberstem Ziel.

Der Investor Chayton strebt angeblich Renditen von bis zu 25 Prozent an

Das Journal Hedge News Africa berichtete 2011, Neil Crowder strebe Renditen von „jährlich 25 Prozent“ an und verspreche seinen Investoren, „von Wertsteigerungen des Landes zu profitieren“. Das kalifornische Oakland Institute, das Landgeschäfte in Afrika kritisch unter die Lupe nimmt, zitiert Crowder mit den Worten, er wolle „den Afrikanern modernste Farmtechnologie lehren“, bevor er „mit einer Cashflow-Erwartung von 18 Prozent wieder aussteigt“.

Bei AATIF ist von solchen Zahlen keine Rede: Laut BMZ bewertet der Fonds vorrangig „die potentiellen entwicklungspolitischen Wirkungen“ einer Investition und zahle lediglich „moderate Renditen“ (KfW) an Investoren. Aus dem BMZ heißt es auf Anfrage, das Ministerium könne „die Angemessenheit“ der genannten Renditeerwartung „nicht bewerten“. Auch wie hoch die tatsächliche Rendite für die Investition in Chobe Agrivision sein werde, sei „derzeit nicht abzusehen“.

Fakt ist: Damit Chayton in Sambia möglichst risikofrei wirtschaften kann, hat das Unternehmen sich bei der Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA) versichert, einer Tochter der Weltbank, die Auslandinvestitionen in Entwicklungsländern fördert. Die MIGA trägt das Risiko für bis zu 50 Millionen Dollar für Chaytons Investitionen in Afrika, auch in Sambia. Die Vereinbarung schließt zum Beispiel Krieg oder zivile Unruhen ein. Außerdem hat Chayton mit der sambischen Regierung ein Investitionsschutzabkommen geschlossen, das Chayton diverse Vergünstigungen gewährt: Zollfreiheit, Steuerfreiheit und -freibeträge sowie hohe Abschreibungsraten. Laut dem Oakland Institute garantiert die Regierung Chayton zudem, dass 80 Prozent der Ernte exportiert werden dürfen – auch für den Fall, dass die Grenzen Sambias geschlossen werden (zum Beispiel im Fall einer Hungersnot).

Kritiker sehen Belege für eine grundlegend falsche Agrarpolitik

Das BMZ sieht die Investition unter anderem wegen ihrer „Beschäftigungs- und Einkommenswirkung“ dennoch als „sinnvoll“ an. Ein Ministeriumssprecher zitiert einen entsprechenden Bericht der MIGA, in dem es heiße, Chobe schaffe Arbeitsplätze und zahle Löhne „über dem staatlich vorgegebenen Minimum“. Allerdings zitiert das BMZ in der Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei im Bundestag eine Passage aus dem MIGA-Bericht, der dieses freundliche Bild etwas trübt: Die Weltbank-Tochter habe demnach die positiven sozialen und ökologischen Auswirkungen des Projekts nur als „begrenzt“ eingestuft. Sie verweist auf „Risiken und Auswirkungen“ und erwähnt unter anderem „flüssige und feste Abfälle“, „Bodenverdichtung und Erosion durch den Gebrauch schwerer Maschinen“ sowie „agrochemische Einlagerungen“. Außerdem bestünden Risiken für „Gesundheit und Sicherheit von Arbeitern und Gemeinden“ durch zusätzlichen Verkehr und den Einsatz von Wachpersonal.

Während das BMZ mit Blick auf diese Einwände lediglich von „begrenzt vorhandenen negativen Wirkungen“ spricht, die den insgesamt positiven Effekten nicht widersprächen, sehen Kritiker einen Beleg für eine grundlegend falsche Agrarpolitik. Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen, die die Anfrage an das BMZ gestellt hatte, sagt: „Die Bundesregierung unterstützt mit der Initiative AATIF die Agrarindustrie unter dem Deckmantel der Entwicklungspolitik. Die Hilfe für die einheimische kleinbäuerliche Landwirtschaft und Entwicklung wird zurückgefahren.“ Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) treibe stattdessen „den Ausverkauf landwirtschaftlicher Flächen voran“. Dagdelen fordert dringend eine soziale und ökologische Wende in der Entwicklungszusammenarbeit. (osk)

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