Fester Glaube an Frieden im Kongo

Seit nunmehr vierzehn Jahren versuchen die Vereinten Nationen im Kongo den Frieden zu sichern – beziehungsweise erst einmal zu schaffen. Ohne Erfolg. Die Kirchen des Landes schauen dennoch unbeirrt nach vorn und investieren in die Bildung junger Leute.

Goma im Juli 2013.  Bewaffnete Milizen der M23 und die Armee liefern sich wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt kleinere Scharmützel. Immer wieder flammt in diesen Tagen der Konflikt im Ostkongo auf und es kommt zu Unruhen und Schießereien.

Die Vereinten Nationen stehen mit ihrer weltweit größten Blauhelm-Mission MONUSCO  (Mission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo) seit 1999 im Kongo, zunächst mit 500 militärischen Beobachtern, heute mit rund 25.000 Mann. In Goma sind die Blauhelme allgegenwärtig. Sie kosten jährlich gut 1,3 Milliarden US-Dollar. Wäre dieser Einsatz ein entwicklungspolitisches Projekt, dessen Wirkung nachgewiesen werden muss, so würde die Zwischenbilanz düster ausfallen: Frieden und Sicherheit sind in weiter Ferne.
Neben den Vereinten Nationen bemüht sich das „Who is Who“ der internationalen humanitären Hilfe, die Not zu lindern. Die Sicherheits- und Versorgungslage ist trotzdem schlecht. Das Morden, Plündern und Hungern geht weiter – ein Besuch im Krankenhaus von Heal Africa in Goma legt darüber trauriges Zeugnis ab. Hungernde Kinder, vergewaltige Frauen und verstümmelte Männer, wohin das Auge blickt.

Autorin

Claudia Warning

leitet den Vorstandsbereich „Internationale Programme und Inlandsförderung“ von Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst.

Dagegen setzen die Kirchen im Kongo mit unerschütterlichem Glauben einen Kontrapunkt: Sie bauen Schulen und Hochschulen auf. „Alle jungen Menschen, die hier studieren, kämpfen nicht“, erklärt Professor Kambale Karafuli, der Rektor der Université libre des pays des Grands Lacs. Die sechs Trägerkirchen der Universität bauen seit Jahren, auch mit Unterstützung von „Brot für die Welt“, diese Hochschule auf, an der 3000 junge Menschen zu Lehrern, Landwirten, Ingenieuren und Journalisten ausgebildet werden. Südlich des Kivusees in Bukavu betreiben die Kirchen mit der Université Evangélique en Afrique eine weitere Universität für 3000 Studenten und mit einer medizinischen Fakultät.

So sind es alleine in der Provinz Kivu insgesamt 6000 Studenten, die sich darauf vorbereiten, das Land friedlich mit aufzubauen. Die Baptistische Kirche im Kongo unterhält außerdem in Nordkivu mehr als 500 Schulen mit mehr als 160.000 Schülern. Krankenpflegeschulen, Handwerkerausbildung und Lehrkrankenhaus ergänzen das Bildungsangebot der Kirchen. Im Südkivu sind zwei Drittel aller Schulen protestantisch.

Würde ein Entwicklungsprojekt seine Ziele so weit verfehlen wie die UN-Mission im Kongo, dann würde es schnell beendet

Der Staat hat zugesagt, zumindest die Lehrergehälter für die Ausbildungsstätten zu übernehmen. Doch davon keine Spur. Die Antwort auf meine Nachfrage bei Professor Gustave Mushagalusa Nachigera, dem Rektor der Université Evangélique en Afrique, wie der Staat ihn unterstütze, ist wenig ermutigend: Er müsse das Wasser nicht bezahlen, sagt er. Aber es kommt doch kein Wasser aus den Leitungen, stelle ich fest. Ja, aber das Wasser, das er nicht bekomme, müsse er auch nicht bezahlen, erklärt er sarkastisch.  Das ist die Logik des Kongo, sagt der langjährige Programmverantwortliche des Evangelischen Entwicklungsdienstes für den Kongo: Es hätte ja auch passieren können,  dass er das Wasser zahlen müsse, das er nicht erhält.

Warum fühlen sich die Kirchen für die Bildung und Ausbildung der Jugend verantwortlich, aber nicht der Staat und die internationale Gemeinschaft? Wäre das Geld hier nicht besser investiert als in Blauhelm-Missionen mit zweifelhaftem Erfolg? Die Geberländer und die Vereinten Nationen sollten die Regierung in Kinshasa mit Nachdruck an ihre Pflichten gegenüber den Bürgern erinnern. Kaum ein anderes Land ist so reich an Bodenschätzen und Rohstoffen wie der Kongo: Dieser Reichtum sollte sich im Bau von Schulen, Krankenhäusern und Infrastruktur widerspiegeln.

Ich fordere, UN-Missionen gründlich zu beobachten und auf ihre Wirksamkeit zu evaluieren, wie es in der Entwicklungszusammenarbeit üblich ist. Jedes Entwicklungsprojekt, das mit derart hohen Kosten verbunden wäre, würde intensiv beobachtet und geprüft. Und wenn es seine Ziele ebenso weit verfehlte wie die UN-Mission im Kongo, dann würde es wahrscheinlich schnell beendet. Keine entwicklungspolitische Organisation könnte es sich leisten, einen so teuren Flopp in ihrem Portfolio zu haben. Warum kann das die UN? Stecken wir das Geld besser in die Jugend und bilden sie aus. Die Bilanz wird deutlich besser ausfallen, die Kirchen machen es vor. Dauerhaften und gerechten Frieden schafft man nicht mit militärischen Mitteln.

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Die Beschreibung der Lage im Ostkongo von Frau Warning ist sicherlich korrekt, und manchmal gibt es auch von den Kirchen im Kongo etwas zu lernen. Bei aller Euphorie über die Erfolge der blidungspolitischen Initiativen in einem der fragilsten Länder der Welt sollten wir aber auf dem Teppich bleiben. Die Kirchen mit ihrer z.T. sehr engen Sexualmoral verhindern großteils einen offenen Dialog über die Bestrafung der Täter und schweigen zu sehr zur Rolle der Männer (Soldaten oder nicht), weil sie selbst in der Regel keine Frauen zu leitenden Ämtern zulassen. Zusem sind sie mit ihrer oft sehr spürbaren ethnischen Engführung nicht immer ein Beispiel für Grenzen überschreitenden gerechten Frieden. Ganz zu schweigen von der (oft stillschweigenden) Duldung des politischen Status Quo und einem menr als problematischen Verhältnis zur Macht.
Die z.T. bewundernswerte Arbeit an den genannten Universitäten (und auch Ausbildungszentren) geht nicht nur auf das Konto der diese Einrichtung tragenden Kirchen, sondern auf gute "Regierungsführung" innerhalb dieser Einrichtungen. Das ist immerhin etas. Aber UN-Bashing nutzt uns in dieser Lage kaum

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erschienen in Ausgabe 9 / 2013: Solidarität: Was Menschen verbindet
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