Kein Fußball auf Kosten der Armen

Die Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien bedroht die Lebensgrundlage vieler Brasilianerinnen und Brasilianer im Umkreis der Stadien. Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk Solidar Suisse setzt sich deshalb bei der Fifa für eine faire WM für alle ein.

Mit einem minutenlangen Pfeifkonzert begrüßten Brasiliens Fußballfans Fifa-Präsident Sepp Blatter und Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff beim Eröffnungsspiel des Confed-Cups im Juni in Brasília: Die Massenproteste im Sommer in Brasilien richteten sich nicht nur gegen die Korruption oder die Kürzung der Sozialausgaben. Auch die hohen Ausgaben für die anstehenden Großveranstaltungen stehen in der Kritik.

Brasilien rechnet mit Investitionskosten von 33 Milliarden Reais (mehr als zehn Milliarden Euro) für die Fussball-WM 2014. Diese Kosten tragen die Steuerzahler, denn wie zuvor in Südafrika ist die Fifa in Brasilien von Steuern befreit. Solidar Suisse fordert deshalb die Fifa und ihre Sponsoring-Partner auf, ihre Gewinne in Brasilien zu versteuern.
Das ist jedoch nicht die einzige Kritik an der WM-Organisation. Rund 200.000 Menschen sind schon heute von den Großpro­jekten betroffen: Sie müssen dem Neubau von Stadien, Park- oder Flugplätzen weichen und werden – oft unter Gewaltandrohung – umgesiedelt, berichtet die Organisation Articulação Nacional dos Comitês Populares da Copa (ANCOP), die die WM und die Olympischen Spiele in Brasilien kritisch begleitet. ANCOP hat bereits im Mai 2013 den UN-Menschenrechtsrat in Genf aufgefordert, sich bei der brasilianischen Regierung für einen Stopp der Zwangsräumungen einzusetzen.

Die UN kritisieren Brasilien für die Umsiedlungen

Solidar Suisse fordert von der Fifa, dass sie sich für das in der brasilianischen Verfassung garantierte Recht auf Wohnen einsetzt: Nach brasilianischem Recht haben die Favela-Bewohnerinnen und -Bewohner Anspruch auf den Boden, auf dem ihre Häuser stehen – und demnach auf eine Entschädigung. Zudem müssten die Betroffenen befragt und angehört werden und Alternativvorschläge in die Planung einbringen dürfen.

WM-Pleite für Südafrika

Milliardenverlust statt Gewinn: Die Fussball-WM 2010 in Südafrika hat das Land nicht voran gebracht, wie Solidar Suisse nach dem Turnier bilanzierte. „Während die WM für die FIFA und ihre ...

Solidar Suisse und die UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf angemessenes Wohnen, die Brasilianerin Raquel Rolnik, werfen der Regierung Rechtsbruch vor: „Die Menschen werden an Orte am äußersten Rand der Städte umgesiedelt – Dutzende von Kilometern von ihren ursprünglichen Wohnorten entfernt. Dort gibt es kaum Schulen, Gesundheitsversorgung oder Arbeitsmöglichkeiten.“ Wer bisher Arbeit hatte, könne diese oft nicht mehr erreichen, da öffentliche Transportmöglichkeiten fehlten. Wer Widerstand leiste, werde mit Polizeigewalt bedroht, Behausungen würden ohne Vorwarnung abgerissen.

Auch für die bis zu 300.000 fliegenden Händler und Kleinunternehmer im Zweikilometer-Umkreis der WM-Stadien ist die Megaveranstaltung eine Bedrohung. Weil die Fifa auf exklusiven Verkaufsrechten für sich und ihre Sponsoring-Partner besteht, werden sie nach Augenzeugenberichten schon jetzt vertrieben und verlieren damit ihre Existenzgrundlage. Die Fifa solle ihre Lizenzpolitik deshalb „sofort ändern“, fordert Solidar Suisse. Der Verband solle zudem für faire Arbeitsbedingungen und Löhne auf den WM-Baustellen sorgen – beispielsweise durch gemeinsame Stadioninspektionen mit Gewerkschaften.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat die Organisation im Juni der in Zürich angesiedelten Fifa eine Petition überreicht. Innerhalb weniger Tage unterzeichneten mehr als 28.000 Menschen das Schreiben. Fifa-Chef Sepp Blatter nahm die Unterschriften überraschenderweise eigenhändig entgegen und erklärte, die Fifa nehme die Proteste ernst und werde sich bei der brasilianischen Regierung für bessere Arbeitsbedingungen bei den Stadionbauten einsetzen. Im Herbst soll ein Gespräch mit Solidar Suisse stattfinden. Vor der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika hatte Blatter ein solches Gespräch noch abgelehnt.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2013: Solidarität: Was Menschen verbindet
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