Schädliche Symbolpolitik

Todesstrafe in Bangladesch
Vergewaltigung ist ein abscheuliches Verbrechen; es gibt nichts, was es entschuldigt. Doch die Einführung der Todesstrafe dafür in Bangladesch hilft den Opfern nicht.

Barbara Erbe ist Redakteurin bei „welt-sichten“.

Eine Vergewaltigung kann in Bangladesch nun auch mit dem Tod bestraft werden. Anfang Oktober hat Staatspräsident Abdul Hamid eine Gesetzesänderung des Parlaments dazu unterzeichnet. Er reagierte damit auf einen Sturm der Empörung über eine Gruppenvergewaltigung, die sich kurz davor ereignet hatte. 

Grund zur Entrüstung über sexuelle Gewalt an Frauen gibt es genug, in Bangladesch ebenso wie im Nachbarland Indien. Die Frauen  wissen aber nur zu gut, dass das eigentliche Problem meist darin besteht, einen Täter überhaupt zu überführen und seine Schuld offiziell festzustellen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Terre des Femmes dokumentieren immer wieder, womit Opfer sexueller Gewalt rechnen müssen: Mal weigern sich die Behörden zu ermitteln, mal wird die Betroffene aus dem Kreis des Täters bedroht und eingeschüchtert, mal heißt es, sie lüge oder habe es selbst „darauf angelegt“. 

Sie schreckt nicht ab, enthemmt aber

Anstelle von Steinen auf ihrem Weg brauchen Gewaltopfer die Solidarität einer Gesellschaft, die ihnen vermittelt, dass sie achtbar sind und Rechte haben. Statt die Todesstrafe einzuführen, sollte der Gesetzgeber Polizei und Justiz anhalten, die Täter konsequent zu ermitteln und zu verurteilen, und den Opfern Rechtsberatung verschaffen. Auch hilft es, öffentliche Räume sicherer zu machen, sexuelle Gewalt sozial zu ächten und ihre Opfer zu unterstützen statt auszugrenzen. Dazu trägt die Todesstrafe nicht bei. Stattdessen zeugt sie von der Brutalität der Gesellschaft, der sie entspringt, und schreibt sie weiter fest. 

Es gibt keinen Beleg dafür, dass die Todesstrafe stärker abschreckt als (lebenslange) Haft. Aber es gibt Hinweise darauf, dass die Hemmschwelle für Gewaltverbrechen dort niedriger ist, wo der Staat im Namen des Rechts selbst töten lässt. So ist in Kanada seit Abschaffung der Todesstrafe die Rate der Tötungsdelikte stark zurückgegangen, während sie in den US-Bundesstaaten mit Todesstrafe auf viel höherem Niveau stagniert oder sogar zunimmt. 

In Bangladesch konnte die Todesstrafe bislang für Mord, Terrorismus, Meuterei und Entführungen verhängt werden. Geholfen hat das gegen die allgegenwärtige Gewalt im Land nicht. Die nachhaltigere, aber ungleich mühsamere Lösung wäre, die Menschenrechte  zu stärken, statt auf unmenschliche Symbole zu setzen.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2020: Erbe des Kolonialismus
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