Streit um CO2-Kompensation im Ausland

AFP via Getty Images
Auch in der Schweiz fordern junge Leute, dass die Regierung mehr für den Klimaschutz tut – wie im September bei einer Demonstration vor dem Parlament.
Schweizer Klimaschutzabkommen
Mit dem weltweit ersten bilateralen Klimaschutz-abkommen will die Schweiz CO2-Emissionen über Projekte in Peru kompensieren. Ob das dem Klima hilft, ist umstritten. 

200.000 energieeffiziente Öfen will die Schweiz in den Bergregionen Perus verteilen. Das soll Brennholz sparen, den CO2-Ausstoß senken – und Schweizer CO2-Emissionen kompensieren. Grundlage dafür ist laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) ein neues Abkommen zwischen der Schweiz und Peru. Die Regierung hofft nach Medienberichten, dadurch insgesamt zwei Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Ein weiteres Abkommen mit Ghana soll noch dieses Jahr unterschrieben werden, bestätigt das Bafu auf Anfrage.

Beim Abkommen mit Peru handle es sich um das weltweit erste bilaterale Klimaschutzabkommen im Rahmen des Pariser Klimaübereinkommens von 2015, schreibt das Bafu. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga würdigte den „Pioniercharakter“ dieses Abkommens, mit dem die Schweiz internationale Standards für bilaterale Klimavereinbarungen setzen will. „Dieses Abkommen dient der Schweiz, es dient Peru – und vor allem ist es gut für das Klima,“ gab sie öffentlich bekannt. Genau daran zweifeln allerdings Umweltschützer wie Georg Klingler, Leiter Klima bei Greenpeace Schweiz.

Zwar kritisiert er nicht das Öfenprojekt an sich. Das könne für die Bevölkerung in Peru durchaus ein Gewinn sein. Aber ein Klimaschutzprojekt sei es nicht. Klingler kritisiert mehrere Punkte, die auch von anderen Umweltorganisationen geteilt werden.

So folgten Auslandskompensationen der Logik, „was ich im Ausland machen und anrechnen kann, muss ich im Inland nicht machen“. Die schädlichen Emissionen würden damit lediglich von Land zu Land verschoben, nicht aber verringert. Solange die Welt nicht auf Kurs sei, um die Klimakrise abzuwenden, sei es falsch, in solche Emissionsverschiebungen zu investieren. Gemäß dem Pariser Abkommen müssten die Schweiz und praktisch alle anderen Länder ihre Anstrengungen im Inland „massiv“ verstärken, sagt er. 

Unter dem Strich sogar mehr Emissionen

Dazu komme, dass derlei Projekte nicht immer die versprochenen Reduktionen erzielten. Da die Schweiz im Inland entsprechend weniger tun will, könnten „unter dem Strich sogar mehr Emissionen resultieren, nicht weniger“. Die berechneten zwei Millionen Tonnen Einsparungen resultierten aus einem Vergleich mit einer „hypothetischen Entwicklung, in der ohne Einsatz der Schweiz über Jahre keine effizienteren Öfen genutzt würden“, sagt Klingler. Doch wer kann das schon mit Sicherheit sagen?

Der Handel mit Emissionsgutschriften könnte im schlimmsten Fall sogar klimaschädliche Praktiken oder Regulierungslücken zementieren, kritisiert Klingler weiter. Wenn ein Staat sich ein bestimmtes Kompensationsgeschäft nicht entgehen lassen wolle, bestehe die Gefahr, dass er selbst keine Regelungen in diese Richtung trifft. Untersuchungen bisheriger Kompensationsprojekte hätten zudem gezeigt, dass die meisten Projekte die an sie gestellten Anforderungen nicht erfüllten. Oftmals hätten sie unter dem Strich sogar zu mehr Emissionen geführt. 

Im September verabschiedete das Parlament die Totalrevision des CO2-Gesetzes. Darin hat die Schweiz beschlossen, dass mindestens 75 Prozent der Reduktionen im Inland erfolgen müssen, man aber auch auf Auslandskompensationsprojekte setzen will. Für Klingler geht das neue Gesetz nicht weit genug. Die Emissionen müssten insgesamt viel stärker abgesenkt werden. 

Noch ist das Gesetz nicht in trockenen Tüchern. Sowohl Teile der Westschweizer Klimajugend, denen das Gesetz nicht weit genug geht, als auch mehrere Automobilverbände sowie die Brenn- und Treibstoffvereinigung Avenergy Suisse sammeln Unterschriften für ein Referendum gegen das Gesetz. Greenpeace werde es trotz allem verteidigen. „Ein bisschen mehr Klimaschutz ist besser als gar keiner“, sagt Klingler. Die Arbeit an einer besseren Klimapolitik müsse aber nach Annahme des Gesetzes mit höchster Priorität weitergehen. 

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Es verwundert stets, mit welcher Begeisterung das tote Pferd Klimaschutz geritten wird. Es ist der Menschheit nicht vergönnt, das globale Klima zu beeinflussen. Wenn man der Ansicht ist, die Menschheit hätte zur Erwärmung der Biosphäre beigetragen, dann wären die Emissionen der letzten 200 Jahre entscheidend. Mit Sicherheit kann man sagen, Einsparungen heute haben keinerlei Einfluss auf den Glashaus-Effekt. Sofort wirksam wären Investitionen zur Abwehr der Folgen der Erderwärmung. Steigende Meeresspiegel, mehr Stürme und Dürren verlangen sofortiges Handeln. Übrigens bedeutet das Verbrennen von Holz keine Vermehrung von CO2, denn der Kohlenstoff für die Biomasse kommt aus der Lufthülle und wird dorthin wieder abgegeben. Bewundernswert wäre wenn Frau Stucky und die anderen Klimaaktivisten brauchbare Vorschläge zur Abschwächung der Folgen der Erderwärmung machen würden.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2020: Auf die Heißzeit vorbereiten
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