Wahlen in Afrika

Pciture Alliance, Sadak Souici
Präsidentschaftswahlen in Guinea im Oktober 2020. Andere afrikanische Staaten haben Wahlen wegen der Corona-Pandemie auf dieses Jahr verschoben.
Demokratie
Im Schatten von Bürgerkriegen und der Pandemie: In mehreren afrikanischen Ländern stehen in diesem Jahr Wahlen an. Ein Überblick.

Februar: Somalia  

Eigentlich hätten die Wahlen im Krisenland Somalia schon im vergangenen Herbst anlaufen sollen, doch Regierung und Opposition konnten sich bislang nicht auf ein einheitliches Verfahren einigen; einmal mehr wurde dabei um die Verteilung der Macht zwischen der Zentralregierung, den Provinzen und einzelnen Clans gerungen. Die Pläne von Präsident Mohamed Abdullahi, zum ersten Mal seit 1969 die Parlamentsmitglieder direkt wählen zu lassen, wurden wieder auf Eis gelegt. Die Registrierung aller Wahlberechtigten hätte bis zu zwei Jahre gedauert, und so lange wollte die Opposition nicht auf einem möglichen Machtwechsel warten.

Nun greift man wieder auf das komplizierte und korruptionsanfällige Verfahren aus den vergangenen Jahren zurück. 28.000 Wahlmänner, die von Clanchefs ernannt werden, stimmen über die Zusammensetzung des neuen Parlaments ab, 30 Prozent der Sitze sollen an Frauen gehen. In einem zweiten Schritt wählen die Abgeordneten dann einen neuen Präsidenten. Unter den Kandidaten sind neben dem Amtsinhaber die beiden Ex-Präsidenten Sharif Sheikh Ahmed und Hassan Sheikh Mohamoud.

Der Einfluss der Zentralregierung in Mogadischu wird angesichts erstarkender Provinzregierungen und der Dschihadistenmiliz Al-Shabaab wohl begrenzt bleiben. Fachleute der International Crisis Group warnen vor Anschlägen der Terrormiliz im Verlauf der Wahlen und fordern einen besseren Schutz von Politikern und Wahllokalen.


11. April: Benin

Als der Unternehmer Patrice Talon 2016 zum Präsidenten gewählt wurde, versprach er, nach einer Amtszeit wieder abzutreten. Inzwischen hat Talon offenbar andere Pläne und will erneut kandidieren. Die Opposition kritisiert seinen autoritären Führungsstil, der das Land auf Kosten von Grund- und Freiheitsrechten in eine Entwicklungsdiktatur verwandle. Deutlich wurde das auch bei den Parlamentswahlen 2019, zu der nur Kandidaten der Regierungsparteien zugelassen waren.

Offen ist, wer gegen Talon antreten wird: Mehrere einflussreiche Oppositionspolitiker befinden sich inzwischen im Exil und Kandidaten sind seit einer Verfassungsänderung auf Unterstützer im Parlament angewiesen. Alles andere als ein deutlicher Sieg des Amtsinhabers gilt in der einstigen Musterdemokratie Westafrikas deshalb als unwahrscheinlich.
 

April: Tschad

Der alte Präsident wird auch der neue sein: Idriss Deby Itno regiert den Tschad seit 30 Jahren und will sich im April im Amt bestätigen lassen. Kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft und der Opposition können sich kaum Gehör verschaffen, öffentliche Versammlungen und Wahlveranstaltungen wurden im Zuge von Corona-Maßnahmen verboten. Im Oktober sollen Parlamentswahlen folgen, zum ersten Mal seit 2011, in den vergangenen Jahren wurden Wahltermine immer wieder verschoben.


5. Juni: Äthiopien

Ursprünglich hätten die Äthiopier schon vergangenen August ein neues Parlament und damit einen neuen Premierminister wählen sollen. Die Regierung unter Premier Abiy Ahmed verschob die Abstimmung jedoch, als Grund wurde die Corona-Pandemie angegeben. Die Entscheidung sorgte für Kritik in der Opposition und trug dazu bei, dass die Spannungen mit der Provinzregierung in Tigray im November eskalierten. Kämpfe zwischen Regierungstruppen und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) vertrieben in der Folge Zehntausende aus der Region. Auch in anderen Provinzen kam es in den vergangenen Monaten zu Ausschreitungen und Gewalt zwischen ethnischen Gruppen. Die für Juni geplanten Wahlen gelten als Lackmustest für Abiy Ahmed, der den wirtschaftlichen und politischen Umbau des Landes weiter vorantreiben will.


August: Sambia

Der Spitzenkandidat von Sambias größter Oppositionspartei UPND, Hakainde Hichilema, will einen vierten und letzten Anlauf auf das Amt des Präsidenten wagen. Zuletzt unterlag er 2016 gegen Edgar Lungu, der mit einer knappen Mehrheit von 50,3 Prozent die Wahl gewann. Die Opposition witterte Betrug, kirchliche Beobachter konnten aber keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Der Amtsinhaber Lungu will nun ebenfalls erneut antreten. Entscheidendes Thema des Wahlkampfes wird der Umgang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise sein. Die Abhängigkeit von Rohstoffexporten ist Sambia spätestens mit der Corona-Pandemie zum Verhängnis geworden: Das Land ist hoch verschuldet und inzwischen teilweise zahlungsunfähig.


4. Dezember: Gambia

Als es dem politischen Nobody Adama Barrow 2016 gelang, den Dikator Yahya Jammeh mithilfe des Wahlvolks aus dem Amt zu jagen, wurde er als Hoffnungsträger gefeiert. Inzwischen hat sich Ernüchterung breit gemacht. Das kleine westafrikanische Land kämpft mit einer Wirtschaftskrise und hoher Jugendarbeitslosigkeit. Auch die zwischenzeitliche Hoffnung auf mehr Bürgerrechte und Pressefreiheit haben sich nur teilweise erfüllt. Sein Versprechen, nach drei Jahren im Amt abzutreten, hat Barrow nicht eingehalten. Er wird wohl erneut zur Wahl antreten, Gegenkandidaten sind bislang nicht bekannt.


24. Dezember: Libyen

Es klingt verheißungsvoll: Im Dezember sollen alle Libyer bei Parlaments- und Präsidentschaftswahlen den gescheiterten politischen Institutionen neue Legitimität verleihen und das Land aus dem jahrzehntelangen Krieg führen. Auf den Wahltermin, der das 70. Jubiläum der Unabhängigkeitserklärung Libyens markiert, haben sich die Konfliktparteien Ende vergangenen Jahres bei Gesprächen unter Führung der UN geeinigt. Eine Lösung des Konflikts scheint derzeit aber in weiter Ferne. Den Wahlen soll laut des vereinbarten Fahrplans ein Friedensprozess und die Bildung einer Übergangsregierung vorausgehen, bislang konnten sich die beiden Parteien aber lediglich auf einen brüchigen Waffenstillstand einigen. Entscheidend könnte sein, wie die ausländischen Mächte, die in Libyen längst einen Stellvertreterkrieg führen, auf ihre Verbündeten einwirken und welche Rolle die Afrikanische Union bei der Vermittlung eines Friedensvertrags einnimmt.

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