Al-Schabaab hat dazugelernt

Somalia
Die Regierung Somalias hat die islamistische Al-Schabaab militärisch zurückgedrängt. Doch deren Machtbasis ist intakt, weil sie sich sozialen Rückhalt verschafft, sagt eine wichtige neue Studie.

Al-Schabaab gilt als Terrorgruppe. Dass sie die von ihr kontrollierten Teile Somalias nur mit Gewalt und Einschüchterung im Griff hält, ist jedoch eine fatale Fehleinschätzung, erklärt eine wichtige neue Studie des britischen ODI. Mohamed Mubarak vom Hiraal Institute und Ashley Jackson vom Center on Armed Groups lenken den Blick auf das Verhältnis zwischen Al-Schabaab und der Bevölkerung und haben in drei von der Gruppe kontrollierten Gebieten Beteiligte dazu befragt. 

Danach haben die Islamisten gelernt, dass sie auf Legitimität angewiesen sind und wie sie die gewinnen. Ihre Herrschaft werde nicht zuletzt akzeptiert, weil sie quasi-juristische Verfahren zur Beilegung lokaler Konflikte anbieten, die zugänglicher sind und weniger korrupt ablaufen als vor staatlichen Gerichten. Das bestätigt die These von Frank Ledwidge, dass eine verlässliche Schattenjustiz für den Erfolg von Rebellen entscheidend ist. Al-Schabaab sorgt laut der Studie auch für Bildungsangebote, die sie gleichzeitig für Indoktrinierung benutzen. 

Älteste werden zu Mittlern der Macht

Zudem hätten die Islamisten ihre Haltung gegenüber den Klans und deren Ältesten geändert: Anfangs hatten sie die im Namen des universellen Islam bekämpft. Nun würden sie Älteste als lokale Mittler ihrer Herrschaft einbinden und sich selbst zum Mittler und Schlichter in Konflikten zwischen Klans machen. Je nach lokalen Machtverhältnissen führe das zu unterschiedlichen Arrangements zwischen Al-Schabaab und örtlichen Würdenträgern. Und es ermögliche den Ältesten, zugunsten von Klan-Mitgliedern mit der regionalen Al-Schabaab-Führung zu verhandeln, zum Beispiel über Ausnahmen von der Steuer in Härtefällen. Steuern, die islamischen Prinzipien folgen, könne Al-Schabaab im Übrigen dank einer effizienten Organisation wirksam einziehen, findet die Studie.

Vieles an diesem Fall erinnert frappierend an den ebenfalls von Ashley Jackson untersuchten Schattenstatt der Taliban in Afghanistan – bei allen Unterschieden in der Organisation beider Trupps und in den lokalen Gesellschaften. Viele Erfolgsrezepte der Taliban wendet auch Al-Schabaab an, so dass die Studie die Aussichten auf einen dauerhaften militärischen Sieg über die Truppe als gering einschätzt. Die Studie ist auch ein faszinierender Beitrag zum Thema Staatsbildung in solchen Umfeldern.

Neuen Kommentar hinzufügen

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
CAPTCHA
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das Flugzeug aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
Dies ist keine Paywall.
Aber Geld brauchen wir schon:
Unseren Journalismus, der vernachlässigte Themen und Sichtweisen aus dem globalen Süden aufgreift, gibt es nicht für lau. Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung – schon 3 Euro im Monat helfen!
Ja, ich unterstütze die Arbeit von welt-sichten mit einem freiwilligen Beitrag.
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!