Wird der Entwurf des Doppelhaushalts für 2025 und 2026, den Finanzminister Markus Marterbauer Mitte Mai im Parlament vorgelegt hat, im Juni in dieser Form beschlossen, drohen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit drastische Einschnitte. Besonders betroffen wären die Austrian Development Agency (ADA), die Entwicklungsprojekte in Ländern des Globalen Südens verwirklicht, sowie der Auslandskatastrophenfonds (AKF). Das ADA-Budget soll bis 2026 von aktuell 139 Millionen Euro auf rund 114 Millionen Euro sinken. Der AKF, zuletzt mit 80 Millionen Euro ausgestattet, soll bis 2029 auf 35 Millionen Euro reduziert werden. Die Kürzungen sind Teil eines umfassenden Sparpakets zur Sanierung des Staatshaushalts. Angesichts eines prognostizierten Budgetlochs von 12 Milliarden Euro müssen alle Ministerien den Rotstift ansetzen.
Lukas Schlögl von der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) ist dennoch überrascht von der Höhe der Kürzungen im Außenministerium – vor allem weil es fast ausschließlich bei der Entwicklungszusammenarbeit sparen will. Die bilaterale Zusammenarbeit des Außenministeriums sei nur ein sehr kleiner Posten der gesamten Staatsausgaben, sagt Schlögl: 2024 beliefen sich ADA und AKF zusammen auf knapp 220 Millionen Euro von 271 Milliarden Gesamtausgaben des Staates, also auf nicht einmal 0,1 Prozent.
Während Posten im Außenministerium wie Personalkosten, Beiträge an internationale Organisationen oder Repräsentationsausgaben, etwa für Konferenzen oder Empfänge, weitgehend unangetastet bleiben, werden bei der ADA und beim AKF zusammen rund 32 Prozent gespart. Auch der vor fünf Jahren geschaffene Posten des Sonderbeauftragten für Humanitäre Hilfe wurde gestrichen.
Österreich will in den UN-Sicherheitsrat
Gleichzeitig investiert Österreich nun jährlich zehn Millionen Euro in die Kampagne für eine Kandidatur für einen nicht ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Periode 2027/2028. Österreich konkurriert mit Deutschland und Portugal um den Sitz. Aus dem Außenministerium heißt es zu diesem Budgetposten: „Gerade für Länder von der Größe Österreichs ist es besonders wichtig, dass sich auf internationaler Ebene die Stärke des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren durchsetzt.“
Die geplanten Kürzungen bis 2026 wären laut Schlögl die stärksten der letzten zwei Jahrzehnte – stärker sogar als jene nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008. Das Außenministerium verweist darauf, dass das Budget für die ADA und den AKF in den letzten Jahren deutlich aufgestockt worden sei. Selbst nach den geplanten Einschnitten läge das Budget 2025 und 2026 noch über dem Niveau von 2019 vor der Coronapandemie, als es sich für beide Institutionen auf rund 118 Millionen Eurobelief. Man wolle die Projekte künftig stärker auf bestimmte Bereiche fokussieren sowie gezielter und wirkungsvoller umsetzen. Die Einsparungen würden schrittweise erfolgen, um Planungssicherheit und Partnerorganisationen Zeit zur Anpassung zu geben. Dennoch hält Schlögl den Verweis auf das Niveau vor der Coronakrise für irreführend, denn seit 2019 habe sich die Inflation in Österreich kumuliert auf rund 30 Prozent belaufen.
Die ODA-Quote Österreichs dürfte mit den geplanten Kürzungen weiter sinken. Im Jahr 2024 betrug sie 0,34 Prozent des Bruttonationaleinkommens gegenüber 0,38 Prozent im Vorjahr. Die Quote ist vor allem deshalb geschrumpft, weil die anrechenbaren Ausgaben für Asylbewerber gesunken sind; 2022 und 2023 waren sie infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine noch stark gestiegen. Das international vereinbarte und auch im aktuellen Regierungsprogramm festgeschriebene Ziel, die ODA-Quote auf 0,7 Prozent zu erhöhen, rückt damit in noch weitere Ferne.
In der entwicklungspolitischen Szene in Österreich herrscht bereits seit Anfang des Jahres Unsicherheit. Aufgrund der langwierigen Koalitionsverhandlungen und der damit einhergehenden Budgetunsicherheit hat die ADA keine neuen Förderverträge unterzeichnet. Selbst Projekte, die bereits zur Förderung vorgesehen waren, konnten nicht starten. Besonders kleinere Organisationen sind dadurch in Bedrängnis geraten. „Einige unserer Mitgliedsorganisationen waren bereits gezwungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der diesjährigen Verzögerung zu kündigen, andere aufgrund von Kürzungen bei USAID“, berichtet die AG Globale Verantwortung, der Dachverband entwicklungspolitischer Organisationen in Österreich. Man hoffe nun nach dem Beschluss des Bundeshaushalts im Juni auf Förderzusagen für alle vorgemerkten Projekte.
ÖFSE-Mitarbeiter Schlögl betont zudem die Dringlichkeit, ein neues Dreijahresprogramm für die österreichische Entwicklungspolitik zu verabschieden. Das bisherige Programm lief Ende 2024 aus. Aus dem Außenministerium heißt es, das neue Programm befinde sich in der finalen Abstimmung und soll noch im Juni dem Ministerrat zum Beschluss vorgelegt werden.
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