Gut 140 Jahre nach der berüchtigten Berliner Konferenz von 1884, bei der die europäischen Kolonialmächte Afrika unter sich aufteilten, findet heute ein neuer und anderer Wettlauf um Afrika statt, erklärt Matthias Basedau, Autor der Studie des German Institute for Global and Area Studies (GIGA) und Direktor des GIGA Institute for African Affairs. Vor allem China und Russland, aber auch viele Staaten des Nahen Ostens zeigten zunehmend Interesse an den Ländern des afrikanischen Kontinents, wenn es um Rohstoffe, Absatzmärkte und strategische Einflussphären geht. Sie können dadurch zwischen verschiedenen Partnern wählen. Das vergrößere deren Handlungsfähigkeit – und führe im Idealfall zu mehr Partnerschaften auf Augenhöhe. Während Basedau diese Entwicklung begrüßt, sieht er auch, dass die Folgen einer solchen Neuausrichtung Afrikas vor allem von den jeweiligen afrikanischen Regierungen abhängen. Handelten die nicht im Sinne von Demokratie und nachhaltiger Entwicklung, könne das zu innen- und außenpolitischen Konflikten führen – nicht zuletzt, wenn rivalisierende Fraktionen innerhalb afrikanischer Länder von außenstehenden Mächten unterstützt würden, wie es derzeit im Sudan der Fall ist.
Legitime Eigeninteressen
Länder wie Deutschland müssten sich klarmachen, dass es keinesfalls verwerflich sei, eigene Interessen zu verfolgen – so lange dies transparent und auf ethisch vertretbare Weise geschehe. „Wenn eine Regierung offen damit umgeht, wird sie weniger leicht der Heuchelei bezichtigt“, heißt es an einer Stelle, auch würden so erklärte Ziele und die tatsächliche Politik weniger voneinander abweichen. So seien Zugang zu Rohstoffen und Migrationskontrolle unbestritten ein wichtiges Ziel westeuropäischer Staaten.
Wenn bestimmte Ziele nicht vollständig miteinander oder mit moralischen Ansprüchen vereinbar seien, müsse man Entscheidungen treffen und dazu stehen. Ökologische Nachhaltigkeit und Arbeitnehmerrechte in Wertschöpfungsketten zu fördern, könne den Zugang zu Rohstoffen erschweren, und eine Zusammenarbeit mit autoritären Regimes etwa bei der Migrationspolitik könne den selbst verkündeten Werten zuwiderlaufen. In solchen Fällen plädiert der Autor für mehr Transparenz und weniger ethischer Bemäntelung wirtschaftlicher und politischer Interessen. Dabei müsse man „realistisch, aber fair bleiben“, was das Ausmaß der erreichbaren Ziele und die damit verbundenen Probleme angeht. Wie das dann ganz konkret im Einzelfall aussehen könnte oder sollte, legt er leider nicht dar – aber dafür ist eine Arbeit über die Außenbeziehungen eines ganzen Kontinents vielleicht auch zu übergreifend.
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