Kalt erwischt

Der demokratische Aufbruch in Nordafrika betrifft auch die Verbindungen deutscher Kommunen mit Städten dort. Wer bislang nur mit der Verwaltung kooperiert hat, steht vor einem Scherbenhaufen. Besser sieht es für Partnerschaften aus, an denen die Zivilgesellschaft beteiligt war.
Nordafrika ist kein Schwerpunkt deutscher kommunaler Entwicklungszusammenarbeit, dennoch gibt es acht Partnerschaften mit Städten in Tunesien und drei mit ägyptischen Kommunen. Stuttgart und Frankfurt sind seit 1979 mit Kairo verbunden, Hildesheim mit der oberägyptischen Stadt El Minia. Der Sturz der Regime in Ägypten und Tunesien wirkt sich auch auf diese Zusammenarbeit aus. Offizielle Ansprechpartner sind zum Teil verschwunden, neue müssen erst noch gewählt werden.
 

Autorin

Claudia Mende

ist freie Journalistin in München und ständige Korrespondentin von „welt-sichten“. www.claudia-mende.de

Nach den Regierungswechseln in den beiden arabischen Ländern zeigt sich, wie unterschiedlich deutsche Kommunen ihre Nord-Süd-Zusammenarbeit gestalten. Stuttgart und Kairo haben sich vorrangig auf der zivilgesellschaftlichen Ebene ausgetauscht. Von Kindergärten bis Hochschulen arbeiten vor allem die Bildungsträger der beiden Städte zusammen; die Verwaltungen stellen nur den organisatorischen Rahmen. Frederic Stephan von der Stadt Stuttgart ist davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit Kairo nach dem Sturz von Husni Mubarak eher noch intensiver werden wird.

In Frankfurt weiß man nicht, wie es weitergeht

In Frankfurt dagegen herrscht Ratlosigkeit. „Die Partnerschaft mit Kairo war vorher schon problematisch“, sagt Frank Wittersheim vom Amt für Internationale Angelegenheiten. Wittersheim beklagt den Mangel an Resonanz in Kairo seit Beginn der Partnerschaft vor über 30 Jahren. Über die Deutsche Botschaft habe man immer wieder versucht, Initiativen anzustoßen, aber mit wenig Erfolg. Jetzt wisse man nicht, wie es weitergehen könne. In Frankfurts Verbindung mit Kairo liegt der Hauptakzent auf der Wirtschaftsförderung. Zivilgesellschaftliche Gruppen sind kaum eingebunden, auch das Entwicklungspolitische Netzwerk Hessen nicht. Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth bekräftigte unlängst aber, die Mainmetropole wolle an der Verbindung mit der Stadt am Nil festhalten. Frankfurt werde Kairo beim Aufbau „einer effizienten, transparenten und demokratisch strukturierten Stadtverwaltung nach Kräften beraten und unterstützen“, sagte Roth in einem Zeitungsinterview.

In Köln freut man sich über die Veränderungen nach dem Abgang von Diktator Ben Ali in Tunesien. Die Verbindung der Domstadt am Rhein mit Tunis seit 1964 gehört zu den ältesten deutschen Städtepartnerschaften. Die Zusammenarbeit hat einen starken Kultur-Schwerpunkt, aber auch Wirtschaftsförderung steht auf dem Programm. Zuletzt war im Oktober 2010 eine offizielle Kölner Delegation in Tunis. Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) wollte tunesische Unternehmen für den Standort Köln begeistern, lotete die Möglichkeiten einer Energiepartnerschaft aus und überreichte eine Spende für ein Zentrum für behinderte Kinder in Tunis.

Man wolle im neuen Tunesien den Aufbau der „lokalen Selbstverwaltung unterstützen“, sagt Frieder Wolf, Leiter der Stelle für internationale Angelegenheiten. Aber auch Köln hat ein Problem. Man weiß nicht mehr, wem man in Tunis noch trauen kann. Der Oberbürgermeister, Mohamed Béji Ben Mami, war nicht nur Mitglied der Staatspartei RCD, sondern wohl auch mit Diktator Ben Ali befreundet. Ob der Bürgermeister noch im Amt ist oder nicht, ist derzeit unklar. Der ehrenamtliche Verein zur Förderung der Partnerschaft Köln-Tunis sei mit Mitgliedern der früheren tunesischen Einheitspartei RCD zu eng verbunden, kritisiert Wolf. Jetzt müssten neue Kontakte her.

Diese Kritik weist der Partnerschaftsverein zurück. Allerdings zeigt man sich auch hier überrascht über das Ausmaß von Korruption und Missachtung der Menschenrechte, das beim Sturz des Diktators ans Tageslicht kam. „Dass Ben Ali so viel Geld auf die Seite geschafft hat, davon haben wir nichts gewusst“, sagt Vorsitzender Benedikt Fuchs. Jetzt gehe es darum, sich bei der nächsten Tunisreise erst mal ein eigenes Bild von der Situation zu machen.

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