Den starken Mann markieren, hilft nicht

Konflikt mit Iran
Europäische Kriegsschiffe an den Golf zu schicken, um dort Tanker zu schützen – das ist keine gute Idee, findet Bernd Ludermann.

Die Bundeswehr könnte demnächst in eine der heißesten Krisenherde der Welt entsandt werden: in den Golf von Hormus. Seit iranische Schnellboote dort einen britischen Tanker festgesetzt haben, lässt Großbritannien Schiffe unter seiner Flagge von seiner Marine begleiten. Und als London vorschlug, dass künftig eine gemeinsame europäische Militärmission die freie Fahrt durch die Meerenge absichern solle, schien die Bundesregierung eine Beteiligung ernsthaft zu erwägen. Aus der SPD-Fraktion kamen zwar Bedenken, aber im Bundestag war nur die Linke eindeutig dagegen.

Da lag sie richtig – auch wenn ihre Begründung etwas schlicht klingt. Denn die Argumente für eine solche europäische Mission sind fadenscheinig. Norbert Röttgen (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, hat sie dem Deutschlandfunk am 29. Juli erläutert: Der Iran missachte die völkerrechtlich verbriefte Freiheit der Schifffahrt, die für das Exportland Deutschland besonders wichtig sei; Europa müsse klar machen, dass es solche Staatspiraterie nicht dulde.

Konflikte sind schwer voneinander zu trennen

Das mag sein. Es stimmt auch, dass der Iran in der Region Spannungen anheizt und problematische Bündnispartner fördert – ähnlich wie andere auch. Doch die entscheidende Frage ist, ob man eine Militärmission der Europäer zum Schutz der Seefahrt trennen kann vom Konflikt über das Atomabkommen mit dem Iran und der US-Politik des maximalen Drucks auf das Land. Das behauptet Röttgen – und es überzeugt nicht.

Zur Erinnerung: Das Abkommen, das der Iran eingehalten hat und das Teheran mehr Weltmarktzugang verspricht, haben die USA 2018 aufgekündigt. Die Regierung Trump hat zusätzliche Kriegsschiffe in den Golf geschickt und erzwingt weltweite Wirtschaftssanktionen, die das Land förmlich strangulieren. Laut Röttgen hat all das nichts zu tun mit der Sicherung der freien Seefahrt; eben weil Europa mit manchen Aspekten der US-Politik nicht einverstanden sei, sei dafür eine europäische Mission nötig.

Gefährlicher Machtkampf am Golf

Doch egal ob mit oder ohne Beteiligung der USA: Juristisch mag man den Schutz der Seefahrt von anderen Streitfragen trennen können, politisch nicht. Alle sind Teil des gefährlichen Machtkampfs am Golf. Der Iran hält nicht nur deshalb ein britisches Schiff fest, weil London einen iranischen Tanker wegen Verstoß gegen die Syrien-Sanktionen festgesetzt hat. Die Aktion ist auch Teil einer Politik der Nadelstiche gegen Tanker, mit der Teheran den USA signalisiert, dass ihr Säbelrasseln einen hohen Preis hat, und die Europäer drängt, Washington in den Arm zu fallen.

Jede europäische Militärmission würde da in Teheran mit Sicherheit so gedeutet, dass Europa auf die Linie der USA einschwenkt. Auch die USA würden das so darstellen. Eben um Europa auf Linie zu bringen, dürfte Washington zuletzt in Berlin förmlich gebeten haben, die Bundeswehr möge sich an einer US-Mission zum Schutz der Seefahrt beteiligen.

Aus gutem Grund hat die Bundesregierung das abgelehnt. Doch eine rein europäische Mission beurteilt sie offenbar anders. Es wäre aber naiv zu glauben, damit könne Europa Eigenständigkeit zeigen und Einfluss in Washington und Teheran gewinnen. Die traurige Tatsache ist: Europa ist nicht in der Lage, den Verbündeten in Washington von einer Politik abzubringen, die wissentlich einen regionalen Krieg im Nahen Osten riskiert. Es hat auf Entscheidungen im Weißen Haus kaum Einfluss, weil die vor allem innenpolitisch bedingt sind. Daran ändert sich gar nichts, wenn Europa mit Kriegsschiffen am Golf den starken Mann markiert. Es würde dann nur für die US-Politik enger in Mithaftung genommen. Das wäre ein Schuss ins eigene Knie.

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