Rauch sickert am Mittag durch das Strohdach des traditionellen Mayahauses in Hondzonot, einem Dorf mit 400 Einwohnern in der Mayagemeinde Tulum auf der Halbinsel Yucatán in Mexiko. Drinnen backt die 34-jährige Fabiola May Chulim Maistortillas neben einem Topf, der auf einem Holzofen in der Ecke brodelt. Ihre dreijährige Tochter spielt mit ihrem Handy und schaukelt in einer der Hängematten, die den Raum teilen. „Wir machen zweimal täglich Tortillas, zum Frühstück und zum Mittagessen – jeden Tag, so war es immer schon“, sagt Fabiola und drückt einen Teigballen flach, um die Tortilla zu formen. „Aber wir können noch mehr“, fügt die Hausfrau mit einem Lächeln hinzu.
Sie hat unversehens eine feministische Revolution ausgelöst, die über ihre kleine Gemeinde hinausgeht. Ohne ihre Familie oder ihre Pflichten zu Hause zu vernachlässigen, begannen Fabiola und einige Nachbarinnen 2018 spontan, sich an manchen Nachmittagen auf dem Platz vor ihren Häusern zu treffen, um Sport zu treiben und eine Pause von der Hausarbeit zu machen. Sie spielten etwas Ähnliches wie Baseball – mit provisorischen Schlägern, Tennisbällen und ihren eigenen Regeln. Ein völlig harmloses Spiel, das aber in der Gemeinde mit tief verwurzelten sexistischen Rollenbildern Unbehagen auslöste.
„Frauen durften sich nicht mit anderen Sachen ablenken, sie mussten zu Hause bleiben“, erklärt Fabiola, während sie die Tortillas auf einer Metallplatte backt und in eine mit einem Tuch bedeckte Schüssel stapelt. „Unseren Ehemännern und Vätern gefiel das nicht, es wurde nicht gern gesehen; sie sagten, dass wir unsere Zeit verschwendeten.“ Aber ungeachtet aller Kritik trafen sich die Frauen weiterhin, um ihren Sport zu treiben, und nach und nach schlossen sich andere Frauen aus dem Dorf an.
Nur um Spaß zu haben, beschlossen sie 2018, an einem Baseballturnier teilzunehmen, das die Gemeinde Tulum in Sahcab Mucuy organisierte, eine andere nahe gelegene Mayagemeinde. Das war die Geburt der „Diablillas Mestizas de Hondzonot“, der „kleinen Mestizen-Teufelinnen von Hondzonot“. Diesen Namen wählten die Frauen für ihr Softballteam, um die Verachtung umzudrehen, die sie erfuhren, und ihre Rebellion zu untermauern.
Jetzt mit Handschuh, aber immer noch barfuß
„Damals spielten wir das erste Mal mit einem Handschuh“, erinnert sich Fabiola und lacht. „Die Turnierorganisatoren boten uns ein paar Trainingseinheiten mit Bernardino Borges an, einem Baseballtrainer aus Tulum. Er gab uns die ersten Anleitungen für diesen Sport. Später gab uns eine Trainerin aus Mérida, Tere Díaz, einen Schläger, die Regeln und eine Tabelle mit Hinweisen für das Training auf eigene Faust.“ Die Diablillas lernten die Regeln des Softballs. Und obwohl sie Handschuhe einführten, Stöcke gegen Schläger tauschten und Schutzausrüstung für die Fängerin besorgten, beschlossen sie, auf ihre eigene Art zu trainieren: barfuß und in der traditionellen Mayakleidung Hipil, einer weißen Tunika mit gestickten Blumenmotiven. „Man sagte uns, niemand würde uns ernst nehmen, wenn wir so spielten. Aber wir wollten zeigen, dass man keine schicke Ausrüstung braucht, um zu spielen.“
Autoren
Laura Fornell
ist freie Journalistin und berichtet vor allem aus Afrika und Asien. Zusammen mit Oscar Espinosa hat sie das Amalgama Project für Reportagen aus aller Welt gegründet. www.amalgama-project.com18 Spielerinnen im Alter von 9 bis 38 Jahren treffen sich in dem abgelegenen Dorf jeden Dienstag und Donnerstag um 16 Uhr, um ein paar Stunden auf dem Baseballfeld zu trainieren. Dorthin durften sie früher gar nicht. Sie haben sich das Training mit ihrer Anstrengung und Hartnäckigkeit erstritten – und mit Unterstützung ihrer Familien, die sie nun zum Spielen ermutigen. Die meisten sind Hausfrauen und Mütter und kommen mit ihren Kindern zum Training. „Wir kümmern uns alle abwechselnd um die Kleinen, während wir trainieren“, sagt die 23-jährige Lucila Tuz May, während ihr dreijähriger Sohn mit anderen Kindern am Rand des Platzes spielt.
Lucila begann schon als Teenager bei Gründung des Teams 2018 mitzuspielen. Sie sagt, diese Gruppe starker und entschlossener Frauen habe ihr geholfen, ihren Charakter zu formen. „Die Diablillas haben mich stark gemacht. Ich habe den Frauentag gewählt, um mit meinem Freund von zu Hause wegzulaufen, und das Einzige, was ich mitgenommen habe, war mein Handschuh“, erklärt sie lachend. Heute lebt sie in Chanchén Primero, einem wenige Kilometer entfernten Mayadorf, und geht immer noch zu jedem Training in Hondzonot, um sich dort mit ihren vier Schwestern, die ebenfalls mitspielen, und dem Rest ihrer Teamkolleginnen zu treffen.
Alejandra will auch als Hausfrau den Softball nicht aufgeben
„Mein Partner weiß, wie wichtig mir Softball ist, und unterstützt mich in allem“, sagt Lucila. Sie spielt seit kurzem auch in der Mannschaft ihres neuen Dorfes, hier allerdings in Uniform und Schuhen. „Ich habe eine Weile gebraucht, um mich an das Laufen mit Schuhen zu gewöhnen. Es ist ganz anders, Schuhe machen einen langsamer“, sagt sie, bevor sie in der provisorischen Kinderkrippe von einer anderen Diablilla abgelöst wird und wieder aufs Spielfeld zurückkehrt.
Ihre 20-jährige Schwester Alejandra ist seit 2023 Mannschaftskapitänin und leitet das Training. Für sie ist klar, dass sie nach der Heirat die Aufgaben als Hausfrau, Ehefrau und Mutter übernehmen wird, die traditionell den Mayafrauen zukommen. Aber die sieben Jahre, die sie nun Teil der Diablillas ist, haben ihr gezeigt, dass sie sich nicht damit allein zufriedengeben muss. „Mein Freund weiß bereits, dass ich Softball nicht aufgeben werde“, sagt sie selbstbewusst. Die zwei Stunden Training verlaufen in entspannter und fröhlicher Atmosphäre, mit ständigem Gelächter. Die Spielerinnen haben im Team einen Ort der Gemeinschaft gefunden, an dem sie aus ihrem Alltag ausbrechen und das Gefühl haben, etwas für sich selbst zu tun.
Das Team wurde einmal vom Staatspräsidenten empfangen
Die Selbstermächtigung dieser Frauen hat auch andere Mayadörfer in der Umgebung beeinflusst, wo nach und nach weitere Frauen-Softballteams gegründet wurden. „Es gibt immer mehr Teams und Fans. Viele Leute sagen uns, dass wir eine Inspiration sind, und das macht uns sehr glücklich“, sagt Fabiola. „Manche Teams spielen in Uniformen und andere barfuß und mit Hipil wie wir. Manche spielen in kürzlich gegründeten Ligen mit und wieder andere in Freundschaftsspielen. Aber in jedem Fall sind wir alle Gewinnerinnen, weil wir etwas tun, das wir lieben.“ Im Jahr 2021 wurde Fabiola als Gründerin und Vertreterin des Teams vom damaligen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador im Nationalpalast empfangen. Er würdigte die Arbeit der Diablillas und verschaffte ihnen landesweit Sichtbarkeit, um zu zeigen, dass es durch Sport möglich ist, die Gesellschaft zu verändern.
„Der Hipil steht dafür, wer wir sind, während wir tun, was wir lieben“, sagt die 38-jährige Gloria Carolina Be Segura, eine weitere Veteranin des Teams. Ihre Tochter ist mit nur neun Jahren die jüngste Diablilla. „Sofía begleitet mich seit ihrem zweiten Lebensjahr zu jedem Training und jedem Spiel. Sie wollte schon lange mitspielen, aber ich hatte Angst, dass sie sich verletzen könnte. Sie hat jedoch so sehr darauf bestanden, dass ich schließlich zugestimmt habe, und mit acht Jahren hat sie angefangen mitzuspielen“, erzählt sie und sieht von fern der Tochter zu, wie sie Passen und Fangen übt. „An Trainingstagen ist sie am glücklichsten und geht ohne zu murren zur Schule.“
Gloria Carolina ist Hausfrau und betreibt einen kleinen Lebensmittelladen. Dienstags und donnerstags steht sie früher auf, um die Hausarbeit zeitig zu erledigen, damit sie Zeit für das Training hat. „Mein Mann oder mein Sohn kümmern sich dann um den Laden, damit ich spielen kann“, erklärt sie und ist sichtlich zufrieden mit ihrem kleinen persönlichen Sieg.
Ein paar Tage später reisen die Diablillas zu einem Freundschaftsspiel bei den Piñeras de Chanchén Primero. Zunächst verteidigen die Diablillas, während die Piñeras am Schlag sind. Während des fast zweistündigen Spiels wechseln sich die beiden Teams mit je sieben Schlägen ab. Dabei zeigen sie zwar einen starken Wettbewerbsgeist, aber auch viel Gemeinschaftsgeist zwischen allen Spielerinnen, und beide Teams werden gleichermaßen von den Zuschauern angefeuert und bejubelt.
Fabiolas Ehemann Esteban López González verfolgt das Spiel aufmerksam von der Tribüne aus. „Ich gebe zu, dass ich anfangs nicht begeistert davon war, dass meine Frau Softball spielt“, gesteht er. „Aber nach und nach habe ich verstanden, wie wichtig es ihr ist. Ich habe angefangen, sie zu begleiten und zu unterstützen. Ich bin sehr stolz auf alles, was sie erreicht haben.“
Das Spiel endet 12:5 für die Piñeras. Aber die Diablillas kehren mit derselben Begeisterung nach Hondzonot zurück, mit der sie zum Spiel gefahren sind; sie fühlen sich trotz des Ergebnisses wie Siegerinnen. Sie sind zufrieden, dass sie den Sport weiter ausüben können und damit zu einem Symbol für Widerstandsfähigkeit und zu Vorbildern für die neuen Generationen geworden sind.
Der Sport bringt Möglichkeiten, in Yucatán zu reisen
Der Ruhm der Diablillas Mestizas de Hondzonot hat dazu geführt, dass sie viele Einladungen zu Spielen außerhalb der Mayagemeinden erhalten haben, wo sie normalerweise spielen. „Wir verlangen kein Geld dafür, dass wir spielen“, erklärt Fabiola. „Wir haben keine Transportmöglichkeiten, deshalb helfen sie uns normalerweise mit Benzin, damit wir hinkommen.“ So haben diese Frauen, die ohne Softball wahrscheinlich nie ihre Gemeinde verlassen hätten, einen großen Teil der Halbinsel Yucatán bereist, Erfahrungen mit anderen Sportlerinnen ausgetauscht und stolz die Mayakultur vertreten.
Aber das Erlebnis, das sie am meisten geprägt hat, war ohne Zweifel das im Februar 2025 in Mexiko-Stadt. Dort bestritten sie auf einer Tournee vier Spiele in drei Tagen. Und der Höhepunkt war, dass sie im Alfredo-Harp-Helú-Stadion, dem beeindruckenden Stadion der Diablos Rojos de México mit Platz für bis zu 20.000 Fans, den ersten Ball im Spiel der mexikanischen Softballliga zwischen den Diablos Rojos Femenil aus Mexiko-Stadt und den Sultanes Femenil aus Monterrey werfen konnten. „An diesem Tag haben wir uns einen Traum erfüllt. Wir hätten nie gedacht, dass wir so weit kommen würden“, sagt Fabiola. „Jetzt ist die Frage nicht mehr, wer uns eine Erlaubnis gibt, sondern wer uns aufhalten kann.“
Aus dem Englischen von Bernd Ludermann.
Neuen Kommentar hinzufügen