Umgekehrter Menschenhandel

Migration
Die US-Regierung sucht Länder, die Straftäter und unliebsame Zuwanderer aus den USA aufnehmen. Bisher vier afrikanische Staatschefs geben sich für diesen niederträchtigen Handel her mit dem wenig aussichtsreichen Ziel, Donald Trumps Politik zu beeinflussen.

Bernd Ludermann ist Chefredakteur von „welt-sichten“.

Eine Art umgekehrter Menschenhandel breitet sich aus: Der Verkauf von Migranten. Anders als während des berüchtigten transatlantischen Sklavenhandels vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, als etwa in der Karibik und in den USA Farmer und Plantagenbesitzer Millionen unfreie Arbeitskräfte gewaltsam ins Land holten, geht es jetzt darum, unliebsame Zuwanderer wieder loszuwerden. Ähnlich wie damals aber spielen auch jetzt wieder afrikanische Potentaten eine unrühmliche Rolle: Sie sorgen diesmal nicht für ein „Angebot“ an unfreien Menschen, sondern für eine „Nachfrage“. 

Die Triebkraft dieses düsteren Handels sind sie wohlgemerkt nicht. Dies ist die US-Regierung unter Donald Trump, die zu Hause missliebige Menschen ohne US-amerikanischen Pass brutal jagen und einsperren lässt, um sie zusammen mit Straftätern in irgendein Land zu deportieren, das sie zu nehmen bereit ist. Aber schon vier afrikanische Regierungen, alle mehr oder weniger autokratisch, machen bei dieser Art Menschenhandel mit: der Südsudan, Uganda und Ruanda im östlichen Afrika sowie Eswatini (früher Swaziland) im südlichen.

Ruanda will insgesamt 250 aus den USA Deportierte aufnehmen. Im August sind die ersten sieben angekommen; ihre Staatsangehörigkeit wurde nicht mitgeteilt, Ruander sind sie aber nicht. Auch Uganda hat, ebenfalls im August, bekannt gegeben, es habe einen Deal mit Trump geschlossen, Migranten aus den USA aufzunehmen, die nicht zurück in ihre Heimatländer könnten oder wollten. In den Südsudan waren schon im Juli acht Abgeschobene gebracht worden und in Eswatini sitzen fünf in einem Hochsicherheitsgefängnis. Die dreizehn sind verurteilte Straftäter, nur einer von ihnen ist aus Afrika.

Einfluss auf die US-Politik erkaufen

Ob und wie viel die USA für die Aufnahme von Deportierten bezahlen, verschweigen die afrikanischen Staatschefs. Doch Geld scheint nicht unbedingt das wichtigste zu sein: Offensichtlich wollen sich die vier afrikanischen Regierungen die Gunst des Autokraten im Weißen Haus und ein bisschen Einfluss auf seine Politik erkaufen.

Zum einen wegen der US-Importzölle. Die bringen die Wirtschaft aller vier Länder und damit deren Staatschefs in Bedrängnis, besonders aber das kleine und von Textil- und Zuckerexport abhängige Eswatini. Dass Präsident Trump, als er Anfang August für die Länder Afrikas zusätzliche Zölle über den Basissatz von 10 Prozent hinaus verhängte, Eswatini neben fünf anderen Staaten ausnahm, gilt in Eswatini auch als Belohnung für die Aufnahme der Deportierten

Den Machthabern in Ruanda und Uganda geht es aber noch mehr um Einfluss auf die US-Position in den Friedensverhandlungen für den Ostkongo. Hier macht Präsident Trump Druck, zu einer Einigung zu kommen. Ruanda ist im Ostkongo Kriegspartei und auch Uganda hat dort starke politische und wirtschaftliche Interessen. 

Unerwünschte Leute in Afrika abladen

Nun mag man verstehen, dass afrikanische Staatschefs Donald Trump mit Schmeicheleien und Unterwürfigkeit beeinflussen wollen – das versucht das wesentlich stärkere Europa schließlich auch. Doch erstens wirkt es kaum und zweitens müssten sich  afrikanische Staatschefs, die gern Respekt vor dem Kontinent fordern, dazu nicht auch noch als Komplizen des umgekehrten Menschenhandels andienen. Damit diskreditieren sie ihre eigenen Verweise auf die Geschichte des Sklavenhandelns und des Kolonialismus. Sie verabschieden sich von der Rolle eines Anwalts für afrikanische Migranten, die misshandelt werden oder etwa im Mittelmeer umkommen. Und sie dulden, dass Afrika als Region behandelt wird, in der westliche Länder Straftäter und unerwünschte Migranten abladen, als könne man soziale Probleme dorthin auslagern.

Den Herrschern in Ruanda und Uganda scheint denn auch bei dem Handel nicht ganz wohl zu sein. Uganda erklärt, es nehme keine Straftäter oder unbegleitete Minderjährige auf; Ruanda will in jedem Einzelfall prüfen, wer kommen kann. Da zeigen die zwei Machthaber, dass sie die Kontrolle über ihr Land nicht abgeben wollen. Es ändert aber nichts daran, dass sie sich genau wie Eswatini und der Südsudan auf einen niederträchtigen Handel mit unerwünschten Menschen einlassen, den die USA vorantreiben. Dieser „Markt“ wird wohl noch wachsen, zumal in Europa schon länger die Auslagerung von Asylverfahren in ferne Länder diskutiert wird. Nur Proteste in Afrika selbst dürften dortige Staatschefs hindern können, aus diesem Markt politisch und wirtschaftlich Kapital zu schlagen.

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