„Auf individueller Ebene sehen wir viele Erfolge“

Friedensarbeit
Für Friedensarbeit braucht es Geduld. Etwa wenn die Registrierung die Christlichen Friedensdienstes EIRENE in den Sahelstaaten erst nach einem Jahr verlängert wird. Oder wenn die Erfolge der Zusammenarbeit mit örtlichen Frauengruppen am allgegenwärtigen Patriarchat in Bolivien nicht wirklich viel ändern. Ali Al-Nasani, Geschäftsführer von EIRENE, bringt diese Geduld mit.

Ali Al-Nasani ist Geschäftsführer des Internationalen Christlichen Friedensdienstes EIRENE.

Womit beschäftigen Sie sich gerade?
Mit der schwierigen Lage in den Sahelstaaten. Deren Militärregierungen machen NGOs momentan das Arbeiten politisch und administrativ schwer. In Mali beispielsweise mussten wir über ein Jahr lang darauf warten, dass unsere Registrierung verlängert wurde. Das bremst unsere Friedensprojekte mit örtlichen Organisationen und Radiostationen. Andererseits muss man sagen: Wer aus dem Ausland bei uns in Deutschland arbeiten möchte, hat es auch nicht immer einfacher... Und die Regierungen in Mali, Burkina Faso und Niger scheinen bei der Bevölkerung trotz ihrer autokratischen Politik nicht unbeliebt zu sein.

Wie kommt das?
Nun ja, ihre Vorgänger waren sehr unbeliebt. Sie haben die kolonialen Strukturen nicht abgeschafft, sondern – im Einvernehmen mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich – anstelle der Franzosen einheimische Eliten an die Macht gebracht. Die Militärs geben sich jetzt als Kämpfer gegen Korruption und Kolonialismus, und mit populistischen Maßnahmen erfüllen sie diesen Anspruch für die Bevölkerung auch. 

Wie wirken Ihre Projekte?
Auf individueller Ebene sehen wir viele Erfolge. Beispielsweise arbeiten wir in Bolivien mit örtlichen Frauengruppen zusammen, um häuslicher Gewalt entgegenzuwirken – und sehen, dass Aufklärung und Unterstützung von Gewaltbetroffenen vor Ort Gewalt tatsächlich reduziert. Gleichzeitig ändert das aber ja nichts an den Machtstrukturen und dem allgegenwärtigen Patriarchat, so dass es immer wieder zu bedrohlichen Konstellationen kommt. Daran verzweifle ich manchmal ein bisschen, und nicht nur ich.

Haben Sie selbst einmal einen freiwilligen Friedensdienst absolviert?
Nein, aber das lag nicht daran, dass ich das nicht gerne gemacht hätte. Ich habe damals nicht in das Konzept der doch sehr mittelschichtgeprägten Freiwilligendienste gepasst. Beispielsweise hätte ich so etwas wie einen Unterstützerkreis, der mein Projekt finanziell fördert, nie zusammenbekommen, und z.B. EIRENE war doch noch eine sehr christlich geprägte Organisation. Heute hat sich die Organisation in dieser Richtung sehr geöffnet. 

Wie sind Sie zu Ihrer jetzigen Stelle gekommen?
Ich habe in Bonn Arabisch und Persisch sowie Deutsch als Fremdsprache studiert und habe einen Job als studentische Hilfskraft bei den Grünen aufgenommen. Von da aus ging es weiter: eine Stelle bei der Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, dann im EU-Parlament, schließlich bei Amnesty International. Ich habe auch mal Deutsch in Nepal unterrichtet, weil meine damalige Frau dort eine Stelle antrat, und später für das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Kambodscha und für das Raoul Wallenberg Institut eben dort gearbeitet – bis die rechte schwedische Regierung nahezu sämtliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit gestrichten hat. Dann kam ich zu EIRENE. Menschenrechtsarbeit ist für mich immer Friedensarbeit – und umgekehrt. 

Das Gespräch führte Barbara Erbe.

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