Kaum hatte Donald Trump im November 2024 die Wahlen in den USA gewonnen, standen die ersten Sorgen im Raum. Schon im Wahlkampf hatte er gegen Klimapolitik und für fossile Brennstoffe argumentiert. Was sollte nun aus der „Partnerschaft für eine sozial gerechte Energiewende“ (JETP) in Indonesien werden? Im März, zwei Monate nach Trumps Rückkehr ins Weiße Haus, gab die US-Regierung wie erwartet ihren Rückzug aus dem Programm bekannt. Aber das war – anders als befürchtet – nicht dessen Ende. Deutschland schaltete sich ein und kündigte an, die Rolle der USA zu übernehmen und gemeinsam mit Japan als Geber die JETP federführend zu übernehmen.
„Gerade in geopolitisch schwierigen Zeiten sind starke Allianzen wichtig, um globale Herausforderungen wie den Klimawandel anzugehen“, sagt ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) auf Anfrage. Zusammen mit Japan koordiniere Deutschland das Engagement der beteiligten Partner „und unterstützt den Aufbau eines stabilen Energienetzes, damit Bevölkerung und Unternehmen langfristig von einem sicheren Zugang zu grünem Strom profitieren“.
Bislang äußern sich indonesische Beobachter und Klimaexperten überwiegend wohlwollend zu Deutschlands Rolle, die nach dem Rückzug der USA entscheidend dafür war, dass das Projekt weiter vorankommt. „Gott sei Dank ist Deutschland eingesprungen“, sagt Luthfyana Larasati, die in Jakarta für die Denkfabrik Climate Policy Initiative arbeitet. „Bisher ist der Übergang von den USA zu Deutschland relativ reibungslos verlaufen.“ Der Wechsel biete Indonesien außerdem die Gelegenheit, von einem Land zu lernen, das als Vorreiter beim Ausbau von erneuerbaren Energien gilt, und von seinem Wissen zu profitieren.
Rund 20 Milliarden US-Dollar waren zugesagt gewesen
Luthfyana hofft außerdem, dass Indonesien künftig leichter an öffentliche und private Fördermittel aus Europa für saubere Energie gelangt, was bisher kaum der Fall war. „Wir sehen, dass sich Deutschland über Einrichtungen wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und die Förderbank KfW nicht nur auf den Energiesektor konzentriert, sondern auch auf die Dekarbonisierung der Industrie, auf Reformen der Finanzpolitik und auf den Aufbau einer grünen Wirtschaft mit grünen Arbeitsplätzen.“
Die JETP mit Indonesien war im November 2022 auf dem G20-Gipfel auf Bali bekannt gegeben worden, nur wenige Wochen vor der UN-Klimakonferenz COP 27 in Ägypten. Ziel der Partnerschaft ist es, das Land mit der viertgrößten Bevölkerung der Welt von der Kohle unabhängig zu machen. Dafür wurden Finanzhilfen in Höhe von rund 20 Milliarden US-Dollar zugesagt. Davon sollte die eine Hälfte über öffentliche Mittel bereitgestellt werden, die andere Hälfte aus dem privaten Sektor kommen, koordiniert von der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), einem Zusammenschluss privater Finanzinstitutionen.
Die Forschungsinitiative Climate Action Tracker bewertet Indonesiens Bemühungen, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, als „äußerst ungenügend“ und merkt an, die internationale Gemeinschaft spiele eine „entscheidende Rolle“ dabei, Indonesien beim Kohleausstieg zu unterstützen. Wie Südafrika, das ebenfalls in einer JETP ist, ist auch Indonesien ein führender Kohleproduzent. Laut der Internationalen Energieagentur belegt es in weltweiten Rankings üblicherweise Platz eins oder zwei. Seit 2010 hat das Land eine beträchtliche Zahl von Kohlekraftwerken gebaut.
Nach Angaben der Internationalen Energieagentur sowie der Weltbank stammen 260 Millionen Tonnen von Indonesiens jährlichen CO2-Emissionen aus der Kohleverstromung. Die gesamten Emissionen aus Energiegewinnung, Industrie und Transport belaufen sich auf 650 Millionen Tonnen. Nicht berücksichtigt sind Emissionen aus Landnutzung und Änderungen der Landnutzung – wie Landwirtschaft und Entwaldung –, welche den größten Anteil an Indonesiens Emissionen haben.
Autor
Nithin Coca
ist freier Journalist in Südostasien und berichtet vor allem zu Umwelt- und Entwicklungsfragen.Doch die Partnerschaft mit Indonesien begann schleppend. Es gab Bedenken, wie ernst es die Regierung mit dem Umstieg auf saubere Energien meinte. So legte sie den Fokus auf Alternativen mit fragwürdigem Nutzen für den Klimaschutz wie etwa Holzpellets, Biodiesel auf Palmöl-Basis und die Beimischung von Ammoniak in Kohlekraftwerken, um Emissionen zu reduzieren. Es könnte die Wirkung der JETP begrenzen, wenn statt Kohle andere klimaschädliche Quellen genutzt werden. So stammen die Holzpellets von Plantagen, aber auch aus tropischem Regenwald. Untersuchungen zeigen, dass Holz als Biomasse nur begrenzt zum Klimaschutz beiträgt. Zum einen entstehen bei veränderter Landnutzung Emissionen, zum anderen stammen die Pellets teilweise von Flächen, die zuvor bewaldet waren. Hinter dem Fokus auf Holz steht insbesondere JETP-Ko-Koordinator Japan, das im eigenen Land den Ersatz von Kohle durch Biomasse vorangetrieben hat.
Keine falschen Lösungen wie Biomasse unterstützen
Japan, eines der Länder mit dem größten CO2-Ausstoß weltweit, sollte keine falschen Lösungen wie Biomasse unterstützen, sondern auf erneuerbare Energien setzen, sagt Hozue Hatae, Aktivistin bei Friends of the Earth Japan. Die Energie sollte aus Quellen kommen, die die Menschen vor Ort bevorzugen, und es sollte sichergestellt sein, dass sie durch die Stromgewinnung keinen Nachteil erleiden. Bei Friends of the Earth Japan zeigt man sich vorsichtig optimistisch, dass Deutschland den Einsatz von Biomasse in Zweifel zieht und sich für unschädliche Alternativen zu Kohle einsetzt.
Seit die Staaten vor der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 erstmals nationale Beiträge zum Klimaschutz gemeldet haben, hat Indonesien jeweils zwei Reduktionsziele eingereicht – ein Ziel ohne und eins mit internationaler Unterstützung. Das jüngste Ziel ohne Unterstützung sieht eine Reduktion der Emissionen um 32 Prozent bis 2030 vor; mit internationaler Unterstützung sollen es 43 Prozent sein. Die JETP ist also maßgeblich dafür, dass Indonesien seine ehrgeizigen wissenschaftlich fundierten Klimaschutzziele erreichen kann.
Das Land gewinnt derzeit nur 0,2 Prozent seines Stroms aus der Sonne und nur 0,5 Prozent mit Hilfe von Wind, obwohl Wind und Sonne auf dem Archipel reichlich gegeben sind. Erdwärme ist auch weitgehend unerschlossen. Die enormen Kohlevorkommen sowie die staatliche Unterstützung der Kohleindustrie führen dazu, dass Indonesien Nachbarstaaten wie Vietnam, Thailand und Indien beim Ausbau der Erneuerbaren hinterherhinkt. Hinzu kommt, dass Indonesiens 2024 gewählter Präsident Prabowo Subianto, ein ehemaliger General, zahlreiche Verbindungen zur Kohleindustrie unterhält und seine Familie sogar Bergwerksgesellschaften besitzt. Manche Experten befürchten, er könnte die JETP als Programm seines Amtsvorgängers Joko Widodo betrachten und selbst kein Engagement dafür aufbringen.
Nur ein Bruchteil dessen, was Indonesien braucht
Solches Engagement ist aber nötig. Bislang wurden nur 2,85 Milliarden der in Aussicht gestellten zehn Milliarden US-Dollar öffentlicher JETP-Gelder bewilligt und ein vermutlich noch kleinerer Teil ausgezahlt. Von den zehn Milliarden Dollar aus privaten Finanzmitteln sind es wahrscheinlich noch weniger; die zuständige GFANZ gibt keine Zahlen heraus. Zur Sorge, dass sich die JETP zu langsam entwickelt, heißt es aus dem deutschen Entwicklungsministerium. „Mit deutscher Unterstützung wird das JETP-Sekretariat ab dem kommenden Jahr in seiner Funktion erweitert und wird neben der Koordination mit den indonesischen Regierungspartnern auch für eine schnellere Umsetzung gemeinsamer Projekte sorgen sowie die indonesische Energiewende als Ganzes vorantreiben.“
Doch selbst die insgesamt 20 Milliarden US-Dollar sind nur ein Bruchteil dessen, was Indonesien braucht. Vor einigen Monaten schätzte das UN-Entwicklungsprogramm, dass Indonesien 97,1 Milliarden US-Dollar bis 2030 benötigt und sogar 580 Milliarden US-Dollar bis 2050, um schrittweise aus der Kohle auszusteigen und die Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen auszubauen.
Natürlich wurde die JETP nicht in der Absicht gegründet, alle Finanzierungsfragen Indonesiens rund um die Energiewende zu lösen, sondern vor allem um politische Rahmenbedingungen und Mechanismen zu schaffen, die mehr öffentliche und private Finanzierung zulassen. Und Deutschland könnte Indonesien dabei helfen, diese Mechanismen und Werkzeuge zu entwickeln. „Es geht nicht nur um technische Hilfe, um qualifizierte Arbeitskräfte auszubilden. Wir sind auch auf die Technologie angewiesen“, sagt Luthfyana Larasati. „Wir brauchen Technologietransfers von Deutschland und Japan, um die Zukunftsfähigkeit der JETP zu gewährleisten.“
Die meisten Gespräche fanden hinter geschlossenen Türen statt
Ein anderer Kritikpunkt an der JETP ist die bislang begrenzte Einbindung der Zivilgesellschaft sowie lokaler Gemeinschaften. Die meisten Gespräche rund um die JETP fanden in Jakarta hinter geschlossenen Türen statt. Die Zivilgesellschaft war oft nicht eingeladen, und es gab keine Bemühungen, Gemeinschaften außerhalb der Hauptstadt zu beteiligen. Deutschland hat diese Situation in den wenigen Monaten, in denen es die Ko-Leitung innehat, verbessert, findet Luthfyana. Im Vergleich zu den USA sei es viel offener dafür, Diskussionen mit Organisationen der Zivilgesellschaft und Interessenvertretern zu ermöglichen. Das BMZ bestätigt auf Anfrage, dass es sich dafür einsetzt.
Wenn es nach Egi Suarga vom World Resources Institute Indonesia ginge, sollte die Regierung die JETP nicht nur für den Klimaschutz nutzen, sondern auch für die Entwicklung des Landes. Präsident Prabowo strebt bis zum Ende seiner Amtszeit ein jährliches Wirtschaftswachstum von acht Prozent an und möchte Indonesien bis 2045 zu einem Land mit hohem Einkommen machen. „Vor allem in Schwellenländern wie Indonesien kann saubere Energie Arbeitsplätze schaffen, die öffentliche Gesundheit verbessern, Importabhängigkeit verringern und eine nachhaltigere Wirtschaft ermöglichen, die für alle funktioniert“, sagt Egi. Sein Institut hat das Potenzial der Energiewende untersucht. Jede Milliarde US-Dollar, die darin investiert wird, könnte demnach einen Ertrag von 1,41 Milliarden Dollar generieren. Das Institut sieht zudem das Potenzial, 2,8 Millionen Jobs in Indonesien zu schaffen und die Importe von fossilen Brennstoffen wie Benzin drastisch zu reduzieren.
Ein schwimmendes 92-Megawatt-Solarkraftwerk
Im April 2025 erhielt die Energiewende in Indonesien weiteren Auftrieb, als das erste durch die JETP finanzierte Solarprojekt angekündigt wurde: ein schwimmendes 92-Megawatt-Solarkraftwerk für 60 Millionen US-Dollar in West-Java, betrieben vom staatlichen Energieunternehmen Perusahaan Listrik Negara. In das Projekt fließt kein öffentliches Geld aus der JETP, sondern ausschließlich ein Teil der vorgesehenen privaten Mittel. Investoren sind die deutsche Entwicklungsbank DEG, das französische Finanzinstitut Proparco und die britische Bank Standard Chartered.
„Es beginnt nun eine neue Phase, in der mehr und mehr Investitionsprojekte so weit gereift sind, dass die Verträge unterzeichnet werden können“, sagte Ina Lepel, die deutsche Botschafterin in Indonesien, zur Bekanntgabe des Projekts. Mut macht außerdem, dass die KfW-Entwicklungsbank im Juni einen Kredit in Höhe von 200 Millionen Euro bewilligt hat, um die Regierungsführung und die institutionellen Kapazitäten in Indonesien rund um die Energiewende zu stärken und so die JETP zu unterstützen. Das sind kleine, aber wichtige Schritte. Im März, als die USA sich aus der Partnerschaft zurückgezogen haben, waren sie noch unvorstellbar.
Aus dem Englischen von Christine Lauer.
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